Schweizerische Notenbank : Wohin nur mit den 500 Milliarden Euro?
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Die Schweizer überlegen, was sie mit ihren Devisenreserven machen. Bild: dpa
Die Schweizerische Notenbank hat riesige Devisenreserven. Damit sollen künftig Aktien im Ausland gekauft werden. Müssen diese Pläne den Euro schrecken?
In der Schweiz wird seit Jahren immer wieder darüber diskutiert, ob die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihre gewaltigen Devisenreserven in einen Staatsfonds überführen sollte, der auch unternehmerische Beteiligungen und Aktien im Ausland kauft. Seitdem die SNB ihre Mindestkurspolitik auf- und den Franken freigegeben hat, gewinnen diese Diskussion wieder an Fahrt.
Konrad Graber, der für die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) in der kleinen Kammer (Ständerat) des Schweizer Parlaments sitzt, hat ein sogenanntes Postulat verfasst, mit dem sich die Regierung in Bern wohl in den nächsten Monaten beschäftigen muss. In dem Schreiben mit dem Titel „Zukunftsperspektive Schweiz“ stellt Graber fest, dass die Eidgenossenschaft wegen der Frankenstärke und der ungeklärten Beziehungen zur EU in der Defensive sei. Daher fordert Graber die Regierung dazu auf, die Chancen und Risiken von verschiedenen Finanzierungs- und Investitionsoptionen prüfen zu lassen, darunter die Auflage eines Staatsfonds zur Anlage von schweizerischem Volksvermögen im Ausland unter Beteiligung der SNB. Für diesen Prüfauftrag habe er die Unterstützung aus der ganzen Breite des politischen Lagers, sagte Graber dieser Zeitung. Eine entsprechender Evaluation, so glaubt er, werde spätestens in einem halben Jahr vorliegen.
Es geht um eine Menge Geld. Ende März verfügte die Nationalbank über Devisenreserven im Wert von 522 Milliarden Franken (501 Milliarden Euro). Der Bestand ist über die Zeit deutlich gestiegen, weil die SNB über den Kauf von Fremdwährungen die Aufwertung des Franken bremsen und den bis Mitte Januar geltenden Mindestkurs von 1,20 Franken je Euro verteidigen wollte.
Die SNB, deren Unabhängigkeit in der Schweiz gesetzlich verankert ist, kann der Idee eines von ihr gefütterten Staatsfonds bisher nichts abgewinnen. Ein Sprecher verwies auf frühere Aussagen von SNB-Präsident Thomas Jordan, wonach eine derartige Auslagerung von Devisenreserven die Handlungsfähigkeit der Nationalbank einschränken würde. Die SNB müsse gekaufte Vermögenswerte bei Bedarf auch wieder veräußern und die Zusammensetzung ihrer Bilanz bestimmen können. „Nur so kann sie ihre Geldpolitik unabhängig und zielgerichtet gestalten“, hatte Jordan erklärt. Die Staatsfonds von Norwegen oder den Erdölstaaten könnten der SNB nicht als Vorbild dienen. Denn diese legten die Einnahmeüberschüsse des Staates aus dem Rohstoffexport an, während ein Schweizer Staatsfonds, der aus Devisen der SNB gespeist werde, durch Geldschöpfung finanziert sei.
Die Chefvolkswirte mehrerer Schweizer Banken halten die Idee eines Staatsfonds hingegen für vernünftig. „Wir sollten den Mut finden, die Hälfte oder zwei Drittel der Währungsreserven in einen Fonds zu stecken“, sagt Janwillem Acket von Julius Bär. Das Einrichten eines Staatsfonds, dessen Assets sich aus Teilen der stark gewachsenen Bilanz der SNB speisen, sei nicht auszuschließen, sagt Anja Hochberg von Credit Suisse. Aus ihrer Sicht würde dies der SNB potentiell mehr geldpolitische Optionen eröffnen und damit tendenziell dämpfend auf Spekulationen hinsichtlich einer weiteren Frankenaufwertung wirken. Auch Andreas Höfert von der UBS befürwortet die Einrichtung eines Staatsfonds. Die Fremdwährungsreserven der Schweizerischen Nationalbank entstünden im Wesentlichen dadurch, dass Schweizer Unternehmen mehr exportierten als die Schweiz importiere. „Der Überschuss in der Schweizer Zahlungsbilanz ist eine Art Ersparnis, die sich entweder in einer Aufwertung des Franken oder in steigenden Fremdwährungsreserven niederschlagen muss“, sagt Höfert. Damit ähnle die Schweiz Singapur. Auch der asiatische Stadtstaat habe einen hohen Überschuss in der Zahlungsbilanz. Die sich fast natürlich einstellenden Fremdwährungsreserven lege Singapur durch seine Staatsfonds Temasek und GIC wieder im Ausland an.