Energie : Spekulanten treiben Ölpreis in die Höhe
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Fracking in Williston, North Dakota: Gefrorene Böden lassen Förderung sinken. Bild: Reuters
Der Erdölpreis steigt so stark wie zuletzt 2010. Doch der Boom könnte schneller zu Ende sein als gedacht: Befeuert wird der Preisanstieg von Spekulanten.
Marktbeobachter können sich momentan nur verwundert die Augen reiben: Der Ölpreis steigt momentan so stark wie zuletzt vor 5 Jahren. So ist die amerikanische Sorte WTI seit Anfang April um 17 Prozent gestiegen, aktuell kostet ein Fass (etwa 159 Liter) rund 55 Dollar. Für den Preis der Nordseesorte Brent ging es immerhin um 13 Prozent nach oben, bei 62,50 Dollar notierte ein Fass. Allein in der Vorwoche standen ein Plus von 10 Prozent (Brent) und 8 Prozent (WTI) zu Buche. Das ist insofern bemerkenswert, als es am Ölmarkt keine fundamentalen neuen Nachrichten gegeben hat, im Gegenteil.
So berichtete die internationale Energieagentur wie auch die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec), dass das Erdölkartell momentan mehr als 31 Millionen Barrel (159 Liter) am Tag produziert. Damit übertrifft die derzeitige Opec-Produktion den Bedarf um 2 Millionen Barrel am Tag. Verantwortlich für die Ausweitung der Produktion ist vor allem Saudi-Arabien, die im März so viel Öl förderten wie nie zuvor.
Dies deckt sich mit der aggressiven Förderstrategie des Landes, über die FAZ.NET vergangene Woche bereits berichtet hatte. Selbst Russland fördert weiter fleißig Öl, aktuell so viel wie seit dem Ende der Sowjetunion nicht mehr.
Bullen gewinnen ständig an Einfluss
Auch bleiben die Öltanks weiterhin gut gefüllt und werden sogar voller. So sind in den Vereinigten Staaten in der vergangenen Woche die Bestände um 1,3 Millionen Barrel gestiegen. Doch Marktbeobachter interpretierten das so um, dass es der geringste Anstieg in diesem Jahr ist – und damit der massive Lageraufbau bald ein Ende haben könnte. Doch unter anderen die Analysten der Commerzbank können diesen Optimismus nicht teilen.
Doch woran könnte es dann liegen, dass die Ölpreise zuletzt so stark gestiegen sind? Einen Hinweis liefern die Positionierungen der Marktteilnehmer. Diese können, vereinfacht ausgedrückt, darauf setzen, ob die Ölpreise in der Zukunft steigen oder fallen werden. Das nennt man „long“ gehen, falls man auf steigende Preise setzt, und „short“, falls die Preise in absehbarer Zeit fallen sollten. Zieht man die „short“ von den „long“-Positionen oder die „long“ von den „short“ ab, erhält man die sogenannten Netto-Positionen, die einen Aufschluss auf die Marktpositionierung geben.
Laut amerikanischer Börsenaufsicht CFTC lagen diese für WTI zuletzt bei 238.600 Netto-Long-Kontrakten. Seit 3 Wochen steigen sie unaufhörlich, insgesamt um 70 Prozent. Aktuell erreichen sie den höchsten Stand seit Ende Juli 2014. Diese Zahlen bestätigt auch der Börsenbetreiber ICE: So erhöhten die Spekulanten bei der Ölsorte Brent ihre Netto-Long-Positionen auf 263.578 Kontrakte, den höchsten Stand seit Januar 2011.
Winter macht Bohrungen schwieriger
Der Markt bleibt somit extrem anfällig, sollten die Käufer aus dem Markt aussteigen, wenn ihre Preisphantasien nicht erfüllt werden. Das zeigte sich dann auch direkt am Montag: Nach der Veröffentlichung der ICE-Daten fielen die Preise innerhalb von Minuten um 2,5 Prozent, um sich dann im Handelsverlauf wieder zu stabilisieren.
Doch die Hoffnungen der Spekulanten auf steigende Ölpreise könnten sich erfüllen. Denn besonders in den Vereinigten Staaten scheint es Bewegung zu geben. Noch immer sinkt die Zahl der aktiven Ölbohrplattformen in den Vereinigten Staaten. Aktuell gibt es derer noch 734. Damit hat sich die Zahl seit Dezember 2014 halbiert. Aktuell gibt es so wenig Bohrplattformen wie zuletzt im November 2010. Doch noch führt das nicht zu einer deutlich fallenden Ölproduktion.
Zwar ist die Ölproduktion in amerikanischen Bundesstaat North Dakota im Februar um 15.000 auf 1,18 Millionen Barrel am Tag gesunken. Doch das geschieht in Nord Dakota im Winter immer wieder einmal: Gefrorene Böden machen Bohrungen schwieriger, und Schneefälle lassen Zufahrtswege unpassierbar werden. Deshalb wird es sich erst im Frühjahr und Sommer zeigen, ob der Rückgang nachhaltig ist.
Amerika ab 2030 unabhängig von Importen?
Denn zumindest noch sieht es nicht danach aus, ganz im Gegenteil: Die amerikanische Energiebehörde EIA geht davon aus, dass bis ins Jahr 2020 hinein 10,6 Millionen Barrel am Tag gefördert werden. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es etwa 8,7 Millionen Barrel.
Die Behörde rechnet damit, dass die Vereinigten Staaten je nach Szenario, welches sich nach der Höhe des Ölpreises richtet – frühestens 2019, spätestens 2030 – energieautark sein werden. Dann könnte überschüssiges Erdöl im großen Maßstab exportiert werden. Aktuell ist das nur für leichte Ölarten erlaubt, da aus dem Jahr 1973 noch ein Exportstopp besteht. Doch dieses würde dann wohl aufgehoben werden.