Internationaler Finanzmarkt : Die politischen Risiken nehmen zu
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Der Versuch einer Zentralbank, die Aufwertung ihrer Währung an unreglementierten Märkten durch Devisenmarktinterventionen aufzuhalten, funktioniert nach aller Erfahrung auch nicht dauerhaft. Die Brasilianer haben in den vergangenen Monaten zwar viele Dollar angekauft, aber damit nichts an der Schwäche der amerikanischen Währung geändert. Die Hilflosigkeit der Geldpolitik hat in der Vergangenheit alle Länder – auch Deutschland – dazu bewogen, die rechtlichen Voraussetzungen für Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs in Notfällen zu schaffen. Die Frage ist, ob das brasilianische Beispiel Schule machen wird, um den Verfall des Dollar aufzuhalten.
In Europa denkt niemand an Kapitalverkehrskontrollen. Aber EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hat zuletzt mehrfach versucht, mit Verweis auf die Probleme einer Schwäche des Dollar die Teilnehmer an den Devisenmärkten zu einem Umdenken anzuhalten. Falls die Wechselkurse zu einem Thema der internationalen Politik werden, kann es auch darauf ankommen, wer sie diskutiert. Innerhalb der G-8-Gruppe dürfte – vielleicht mit Ausnahme Russlands – ein Konsens existieren, dass weitreichende staatliche Eingriffe in die Devisenmärkte keinen dauerhaften Nutzen stiften, sondern Schaden anrichten dürften. Innerhalb der G-20-Gruppe sähe es aber vermutlich ganz anders aus, denn dort sind Schwellenländer wie China vertreten, die Kapitalverkehrskontrollen aufgeschlossener gegenüberstehen als die Industrienationen.
Schäuble geht kaum gegen neue Schulden vor
Die ersten Äußerungen des designierten Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble verdeutlichen, was sich während der Koalitionsverhandlungen abzeichnete: Die Rückführung der Neuverschuldung besitzt für die neue Bundesregierung vermutlich für die gesamte Legislaturperiode keine Priorität. Damit steht Deutschland nicht allein da; bisher erweckt kein großes Land den Eindruck, sich um die längerfristige Sanierung seiner Staatsfinanzen Gedanken zu machen. Dieser Politikansatz beruht aber auf der Annahme, dass die Kapitalgeber weiterhin zu niedrigen Renditen den Staaten Geld zur Verfügung stellen.
Bisher existiert kein Grund, an der Leistungsfähigkeit der Kapitalmärkte zu zweifeln. Dort können sich nicht nur Staaten günstig finanzieren, sondern auch zahlreiche Unternehmen, von denen einige den Anleihemarkt offenbar als Alternative zur Kreditaufnahme bei den zögerlichen Banken nutzen. Die Staaten begnügen sich aber nicht mit einer kurzfristigen, durch die Schwere des Konjunktureinbruchs erklärbaren Verschuldungsorgie, sondern wollen die Kapitalmärkte noch auf Jahre hinaus extrem strapazieren. Das wird ein langer Weg.
Von Bedeutung für alle Finanzmärkte bleibt die Geldpolitik. Bisher gehen die meisten Marktbeobachter davon aus, dass die großen Zentralbanken ihre Leitzinsen frühestens Mitte 2010 erhöhen werden. Da in der aktuellen Situation die Geldmengendaten widersprüchlich sind – M1 wächst sehr rasch, M3 fast gar nicht –, schauen die Zentralbanken wohl vor allem auf das Ausmaß der wirtschaftlichen Erholung und die Inflationserwartung an den Märkten. Für weiterhin sehr niedrige Zinsen spricht die Erfahrung der Vergangenheit, wonach in wirtschaftlichen Erholungsphasen nach schweren Finanzkrisen die Inflationsraten lange niedrig geblieben sind. Andererseits wurde noch nie so viel Geld geschaffen wie in der aktuellen Krise.
Der Bericht vom internationalen
Finanzmarkt.
Von
Gerald Braunberger