Goldankauf : Goldbestimmung mit Lügendetektor
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Nicht nur Edelmetall glänzt: In goldenem Schmuck stecken oft auch Zink und Kupfer. Bild: dpa
Alter Schmuck lässt sich in Bargeld verwandeln. Bei der Wertbestimmung gibt es oft Überraschungen - aber nicht immer nur negative. Vorsicht ist allerdings vor Ankäufern aus dem Internet geboten.
Es ist nur eine unscheinbare Plastiktüte, aber sie steckt voller enttäuschter Hoffnungen. Uhrmachermeister Paul Crost dreht sie um und leert ihren Inhalt auf seinen Schreibtisch: Etwa 15 Ringe kullern heraus, unterschiedlich breit und dick, aber alle in der gleichen Farbe und mit einer Stempelung auf der Innenseite, die sie als Goldschmuck ausweist – Punzierung 585, 14 Karat, ein Gold-Feingehalt von 58,5 Prozent. Sie alle erzählen – mit unterschiedlichen Nuancen – die gleiche Geschichte. Von Kunden, die mit der Absicht zu Paul Crost kamen, den mutmaßlich wertvollen Ring in Bares zu tauschen. Sie hatten den Ring jeweils einem Unbekannten in der Innenstadt abgekauft. Der hatte das Schmuckstück angeblich gerade erst gefunden und seinem gutgläubigen Opfer für einen „Schnäppchenpreis“ von 30 Euro überlassen, weil er es selbst nicht schaffe, den goldenen Ring zum Altgoldhändler zu tragen, wie er sagte.
Paul Crost muss nur einen Blick auf den Ring werfen, um zu wissen, dass es sich um eine Fälschung handelt: „Allein die Farbe schreit mich schon an“, sagt der Uhrmachermeister, der bei Degussa in Frankfurt Altgold von Kunden ankauft. Auch die Stempelung im Inneren des Ringes, für den Kunden der ultimative Beweis seiner Echtheit, macht Crost eher noch misstrauischer. Die Zahl ist bei den Ringen aus der Tüte nämlich nicht geprägt (Vertiefung im Material), sondern leicht erhaben. „Die vermeintliche Stempelung wurde schon mit dem Ring zusammen gegossen“, ist Crost überzeugt.
Enttäuschungen sind eher selten
Den letzten Beweis für seinen Verdacht, dass es sich bei dem Schmuck um Fälschungen handelt, liefert jedoch Crosts persönlicher Lügendetektor. Es handelt sich um ein unscheinbares Gerät, kleiner als eine Mikrowelle, aber so teuer wie ein Kleinwagen, mit dem sich mittels einer Spektralanalyse die Zusammensetzung der Legierung ermitteln lässt. Bei den Ringen ist die Anzeige ganz deutlich: In ihnen stecken Zink, Zinn und Kupfer – aber kein Gramm Gold.
Meistens muss Crost seine Kunden zum Glück jedoch nicht enttäuschen, im Gegenteil. „Viele sind überrascht, wie viel ihr Altgold wert ist.“ Etwa zwölf Kunden täglich empfängt der Uhrmachermeister in seinem von Kameras überwachten Raum im Erdgeschoss einer denkmalgeschützten Villa im vornehmen Frankfurter Westend. Es ist der Hauptsitz von Degussa, dem wohl bekanntesten deutschen Goldhändler. Es kämen alle sozialen Schichten zu ihm, erzählt Crost, Sozialhilfeempfänger ebenso wie die Wohlhabenden. Seine Kunden eint, dass die meisten von ihnen einen Verlust hinter sich haben. „Sie verkaufen entweder aus Geldnot oder nach einer Trennung. Das meiste ist aber Nachlass“, sagt Crost. Goldankauf sei eine sehr emotionale Angelegenheit. Deswegen hat Crost auch immer eine Packung Taschentücher parat – und hält seinen Kunden auch eine Hintertür offen, falls sie sich von den Objekten doch noch nicht trennen können, weil zu viele Erinnerungen daran hängen. Allerdings hat Crost die Erfahrungen gemacht, dass sich die meisten Verkäufer erst eine gewisse Zeit nach dem Trauerfall vom Nachlass trennen. Der größte Teil des Altgoldes sei Schmuck aus vergangenen Jahrzehnten, den heute keiner mehr tragen möge.
Viele schwarze Schafe unter den Ankäufern
Zunächst begutachtet Crost die mitgebrachten Ringe und Armreifen, schaut auch auf die Stempel, auf die man sich in der Regel verlassen könne, wie er sagt. Es gilt, den Feingehalt des Goldes in dem Schmuckstück herauszufinden, denn nur der wird dem Kunden vergütet. Gängige Legierungen sind die schon erwähnten 14 Karat und 8 Karat mit einem Feingoldgehalt von 33,3 Prozent (Punzierung 333). Edelsteine und Bestandteile aus anderem Metall, wie zum Beispiel das Gehäuse einer Uhr oder auch Edelsteine, werden herausgelöst und dem Kunden zurückgegeben. Zur Feststellung des Feingoldgehalts verwendet Crost zwei Methoden: entweder die schon erwähnte Spektralanalyse oder einen Test mit Salpetersäure. Dafür wird ein wenig Gold des begutachteten Stückes auf eine Schiefertafel gerieben und mit der Säure beträufelt. Bleibt der Abrieb bestehen, handelt es sich um Gold, ist es anderes Metall, verschwindet der Strich.
Eine derart sorgfältige Analyse ist bei Goldankäufern keineswegs gang und gäbe, wie erst kürzlich eine Stichprobe der Eichämter in Nordrhein-Westfalen ergeben hat. Mehr als die Hälfte der untersuchten 47 Goldankäufer hielt sich nicht an die Vorschriften, hatte keine Präzisionswaage oder sogar keine Messgeräte im Einsatz. Das Vorgehen der Goldankäufer wurde als äußerst undurchsichtig bemängelt, für 6 Gramm Zahngold wurden den Testern Beträge zwischen 45 und 125 Euro angeboten. Crost geht ganz transparent vor: Die Kunden bekommen ebenso Einblick in die Analyse des Feingoldgehalts wie in die Bestimmung des Gewichts des Schmuckstücks. Degussa kauft das Gold zum aktuellen Tagesankaufspreis, der alle fünf Minuten aktualisiert wird. Der Ankaufspreis für Gold liegt etwa 10 Prozent unter dem Tageskurs. Danach wird der Schmuck in die hauseigene Scheideanstalt nach Pforzheim geschickt, wo er wieder in seine Bestandteile zerlegt wird, Gold und Silber werden eingeschmolzen.
Weil auch viele schwarze Schafe auf diesem Markt unterwegs sind, raten Verbraucherschützer dazu, sich vorher dringend über die Seriosität des Ankäufers zu informieren. Auch wird vor Aufkäufern im Internet gewarnt, da der Vorgang der Wertbestimmung für den Käufer nicht mehr nachzuvollziehen sei. „Im Zweifelsfall sollten sich Verbraucher Angebote zu ein und demselben Stück von mehreren Seiten einholen und Preisvergleiche anstellen“, rät Thomas Weiss von der Allgemeinen Gold- und Silberscheideanstalt in Pforzheim.