Anlagen : Deutsches Geld fließt wieder in die Schweiz
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Sicherheit der Währung und des Landes: Die Schweiz zeiht wieder deutsches Geld an Bild: Foto Rainer Wohlfahrt
Der Schweizer Franken steht unter Aufwertungsdruck. Deutsche haben zudem begonnen, Geld wieder direkt in der Schweiz anzulegen. Sie suchen die Sicherheit der Währung und des Landes gleichermaßen. Und die Schweizer Banken werben aggressiv.
In der Debatte um Steueroasen hat die Schweiz noch vor wenigen Monaten am Pranger gestanden. Jetzt gewinnt sie neue Anziehungskraft. Anleger suchen in der Euro-Krise neben der norwegischen Krone in Europa auch den Schweizer Franken. Manche legen ihr Geld wieder direkt in der Schweiz an. Von einer echten Fluchtbewegung wollen Banker in der Eidgenossenschaft zwar noch nicht reden. Thomas Sutter, der Sprecher des Bankenverbandes, sagt aber, er habe von solchen Geldverlagerungen gehört. Dabei dürfte es sich jedoch um Einzelfälle handeln. Ähnlich äußert sich Joachim Strähle, der Chef der Bank Sarasin in Basel, die sich nicht zuletzt an vermögende Privatkunden wendet. Nach seinen Beobachtungen gibt es „gewisse Euro-Flows“ in die Schweiz.
Hierzu passt, dass die Auslandsbanken in diesem Jahr netto wieder einen Zufluss an Kundengeldern verzeichnen, wie Verbandspräsident Alfredo Gysi am Mittwoch auf der Jahrespressekonferenz in Zürich sagte. 2009 hatten die Auslandsbanken noch rund 1,5 Prozent ihrer verwalteten Vermögen in Höhe von 980 Milliarden Franken verloren. Das sind rund zehn Milliarden Euro. Geschäftsführer Martin Maurer macht hierfür in erster Linie die Steueramnestie in Italien verantwortlich.
„Retten Sie Ihr Geld“
Zugleich erlitten die mehr als 150 Auslandsbanken in der Schweiz vergangenes Jahr einen Gewinnrückgang um 38 Prozent nach einem Minus von 31 Prozent im Jahr 2008. Die Eigenkapitalrendite betrug sieben Prozent. Die Auslandsbanken in der Eidgenossenschaft widmen sich traditionell der privaten Vermögensverwaltung. Dominiert wird auch dieses Geschäft allerdings von den beiden Bankriesen UBS und Credit Suisse. Sie registrieren nach eigenen Angaben noch keinen sichtbaren Zustrom an deutschem Geld.
Tatsächlich konzentrieren sich die Geldanlagen offenbar in hohem Maße auf grenznahe Institute. Diese wiederum versuchen zum Teil mit aggressiver Werbung („Retten Sie Ihr Geld“), Kunden anzulocken, wie Beobachter zum Beispiel aus Basel berichten. Sutter von der Bankiervereinigung erinnert daran, dass der Verband die Banken angewiesen habe, nur noch versteuerte Gelder anzunehmen. Dies gelte insbesondere für Neukunden. Gleichwohl gestaltet sich eine Kontoeröffnung in der Schweiz in der Regel weiterhin relativ einfach. „Wenn die Kunden dann noch plausibel machen können, woher das Geld stammt, ist die Sache in einer Viertelstunde erledigt“, sagt Hanspeter Kissling von der Raiffeisenbank Schaffhausen.
Die Konjunkturperspektiven der Schweiz hellen sich auf
Zwar können Deutsche auch in ihrem Heimatland ein Konto in Schweizer Franken führen oder Geld in aktiv gemanagten Währungsfonds anlegen. Aber für Privatanleger scheint die Geldanlage direkt im Heimatland des Franken an Anziehungskraft zu gewinnen. Zur besseren Abwehr von Steuerflucht hat die Schweiz im vergangenen Jahr den Standard der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zum Informationsaustausch auf Anfrage akzeptiert. Er steht auch in dem mit Deutschland vereinbarten Doppelbesteuerungsabkommen, das paraphiert, aber durch zusätzliche Bestimmungen ergänzt werden soll.
Die Geldanlage in Schweizer Franken stellt zunächst ein Absicherungsinstrument dar. Die Zinsen sind nämlich extrem niedrig. Sparguthaben bringen zum Beispiel zur Zeit gerade einmal rund 0,375 Prozent Zinsen im Jahr. Zusätzliche Phantasie aus deutscher Sicht entsteht durch die Aufwertungstendenz des Franken. Die Nationalbank versucht, mit Interventionen an den Märkten diese abzufedern. Dessen ungeachtet ist der Euro auf Jahressicht von rund 1,53 auf 1,42 Franken gefallen. Zugleich hellen sich die Konjunkturperspektiven der Schweiz immer mehr auf. Am Mittwoch veröffentlichte die OECD ihre jüngste Prognose. Sie erwartet für dieses Jahr ein Wirtschaftswachstum von 1,8 Prozent, doppelt so viel wie in der Schätzung vom November 2009. Im kommenden Jahr sollte das Bruttoinlandsprodukt real sogar um 2,2 Prozent anziehen.