Betrug im Cybertrading : 100 Millionen Euro Schaden allein in Deutschland
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Die Zentralstelle Cybercrime Bayern lässt Luxusgegenstände einer Cybertrading-Bande sicherstellen (Symbolbild). Bild: dpa
Hunderttausende Privatanleger fielen auf Betrüger im Internet rein. Nun haben Fahnder das kriminelle Netzwerk zerschlagen – wie viel von den eingezahlten Geldern zurückgeholt werden kann, ist noch offen.
Mit internationaler Unterstützung ist deutschen Staatsanwälten und Polizeibeamten abermals ein Schlag gegen eine Bande mutmaßlicher Online-Betrüger gelungen. Von dem systematischen Betrug über Handelsplattformen im Internet sollen nach Auskunft der Ermittler der Zentralstellen Cybercrime in Bayern (ZCB) und in Sachsen hunderttausende Anleger auf der ganzen Welt betroffen sein. Die Ermittler gehen Schätzungen noch von einem Schaden in Milliardenhöhe aus. Allein in Deutschland werde ein Schaden von „deutlich mehr als 100 Millionen Euro“ angenommen.
Gegen das internationale Netzwerk namens „Milton Group“ habe man mit großem Aufwand schon seit Jahren wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs, Bildung einer kriminellen Vereinigung und Geldwäsche ermittelt, heißt es in einer Mitteilung der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg, bei der die ZCB angesiedelt ist. Den bisherigen Erkenntnissen der Strafverfolger zufolge sollen die Verdächtigen nach einem bewährten Muster vorgegangen sein: Angebliche Finanzberater überreden Privatanleger zu Investments in vermeintlich lukrative und risikolose Produkte, häufig im Zusammenhang mit einer Kryptowährung. Die über Handelsplattformen im Internet eingeworbenen Gelder wurden tatsächlich nie investiert.
Über das Internet und die fortlaufende Betreuung über Callcenter wird dem Kunden suggeriert, dass es zu weiteren Transaktionen und Gewinnen kommt. Stellt ein Anleger kritische Fragen oder verlangt er die Auszahlung, soll das Investment einen überraschenden Einbruch erlitten haben oder der Kontakt wird vollständig abgebrochen. Schon seit Jahren spricht das Bundeskriminalamt im Zusammenhang mit Betrug im Cybertrading von einem immer stärker werdendem „Kriminalitätsphänomen“.
Zugriff in fünf Ländern
Wie die Staatsanwälte aus Bayern nun mitteilten, haben Fahnder schon vor zwei Wochen in einer großangelegten Aktion zahlreiche Büros, Callcenter und Privatwohnungen in fünf europäischen Staaten durchsucht und dabei zahlreiche belastende Beweise sichergestellt. Im Rahmen der Razzia, die im Ausland parallel in Georgien, Nordmazedonien, Albanien, Bulgarien durchgeführt wurde, sind fünf Tatverdächtige festgenommen worden. Zahlreiche Fahnder, auch aus weiteren europäischen Ländern, waren dabei im Einsatz. Allein in der georgischen Hauptstadt Tiflis unterstützten fünf Staatsanwälte sowie 60 Polizeibeamte und IT-Forensiker aus Deutschland die Behörden vor Ort.
Neben mehr als 500 Computern, Mobiltelefonen und Datenträgern wurden Vermögenswerte in zweistelliger Millionenhöhe arrestiert. Konkret ging es dabei um Bankkonten, Bargeld sowie Bitcoin-Wallets. In Deutschland lagen die örtlichen Schwerpunkte in der Zuständigkeit der Kriminalpolizei in Oberfranken sowie der Polizeidirektion Leipzig. Jetzt beginnt die Phase der Auswertung der Beweismittel. Im Anbetracht der Komplexität der Täterstrukturen der „Milton Group“ könne dies noch geraume Zeit in Anspruch nehmen, heißt es in der Erklärung der ZCB.
Dass die Ermittlungen nicht ohne Folge bleiben, selbst für zentrale Figuren in den kriminellen Strukturen, belegt die deutsche Strafjustiz eindrucksvoll. Anfang dieses Jahres verurteilte eine Strafkammer am Landgericht München I einen Komplizen des international bekannten Cyberkriminellen „Wolf of Sofia“ wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs zu einer Haftstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten Haft. Erst vergangene Woche hat in Nürnberg eine weiterer Prozess wegen Anlagebetrugs im Internet begonnen. In dem Fall, den die ZCB ebenfalls zur Anklage brachte, soll der Schaden der leichtgläubigen Privatanleger 14 Millionen Euro betragen.