Cum-ex-Strafprozess : Milde Strafen für Maple-Bank-Manager gefordert
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Nach 57 Verhandlungstagen neigt sich der Cum-ex-Strafprozess am Landgericht Frankfurt dem Ende zu. Hier ein Bild vom Prozessauftakt im Mai 2021. Bild: dpa
Weil ein ehemals leitender Angestellter der Maple Bank bei der Aufklärung der Steuerhinterziehung half, soll er eine Bewährungsstrafe erhalten. Die Justiz müsse ein Signal senden, meint sein Strafverteidiger.
Für einen Strafverteidiger sei die Zustimmung zum Plädoyer der Staatsanwaltschaft ein höchst seltener Vorgang, betont Alfred Dierlamm gleich zu Beginn seines Schlussantrags. Was die Würdigung der Aufklärungsarbeit von Andreas H. als „zentrale außerordentliche Bedeutung“ für das hochkomplexe Strafverfahren um die Cum-ex-Geschäfte der Maple Bank angehe, könne er der Generalstaatsanwaltschaft „nur uneingeschränkt zustimmen“, so der Strafverteidiger am Montag im Schwurgerichtssaal des Landgerichts Frankfurts. Für H., einst leitender Angestellter der Maple Bank, hatten die Ankläger eine Bewährungsstrafe gefordert, vor allem wegen dessen tatkräftiger Unterstützung im Ermittlungsverfahren.
H. und drei weiteren Ex-Bankiers müssen sich wegen schwerer Steuerhinterziehung verantworten. Dem Fiskus ist ein Schaden von 366,5 Millionen Euro entstanden: Den Angeklagten drohen bis zu zehn Jahren Haft. Vor drei Wochen schon hatte die Anwältin von Wolfgang Schuck, ehemals Deutschlandchef der Maple Bank, eine milde Strafe für ihren Mandanten gefordert. Am Montag hielten nun die anderen Strafverteidiger ihre Plädoyers.
„Wer aufklärt und in dieser Form mit den Ermittlungsbehörden kooperiert, übernimmt Verantwortung“, wendet sich Dierlamm an die 24. Strafkammer. Wenn sich dann beim Angeklagten Einsicht und Reflektion zeigten, erscheine es legitim, dass nicht die ganze Härtes des Gesetzes zur Anwendung komme – „sondern eine kräftige Strafmilderung“. Obwohl die Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs bei Steuerdelikten ab Höhe von 1 Million Euro eine Freiheitsstrafe vorsieht, kann H. im Rahmen der Strafzumessung mit einem deutlichen Erlass rechnen. Von 2017 an offenbarte er den Fahndern die Strukturen des Cum-ex-Handels der Maple Bank, welche die Aktienkreisgeschäfte mithilfe ihrer Landesgesellschaften in Großbritannien und Italien betrieb. Seine Linie hielt H. in den 57 Tagen der Hauptverhandlung durch.
Ein solches Nachtatverhalten „ohne Netz und doppelten Boden“ müsse sich auszahlen, erklärt Dierlamm und verweist auf das erste Cum-ex-Urteil vom März 2020: Damals hatte das Landgericht Bonn zwei britische Börsenhändler bei einem ebenfalls dreistelligen Millionenschaden zu Bewährungsstrafen verurteilt. Dierlamm erhofft sich von der Frankfurter Strafjustiz ein ähnliches Signal für Aufklärungswillige: „Du kannst diesen Schritt wagen, es ist nicht zu deinem Nachteil.“
Millionenzahlung an Insolvenzverwalter
Zudem verlas die Strafkammer einen jüngst geschlossenen Vergleich zwischen H. und dem Insolvenzverwalter der Maple Bank: Andreas H. hat 1,35 Millionen Euro an die Insolvenzmasse eingezahlt; in den Jahren von 2006 bis 2010 hatte er 54,4 Millionen Euro an Boni und Erfolgsbeteiligungen erhalten.
Wie aus dem Vergleich hervorgeht, zahlte die Maple Bank in diesem Zeitraum 451 Millionen Euro an Lohn und Boni an die Mitglieder ihrer Geschäftsführung und leitende Angestellte aus. Der mitangeklagte, frühere Leiter des europäischen Handelsgeschäfts der Maple Bank, Paul H., zahlte bereits 4 Millionen Euro in die Insolvenzmasse ein. Die Staatsanwaltschaft forderte dennoch fünf Jahre und neun Monate für den US-Amerikaner. Seine Strafverteidiger verweisen auf ein Geständnis im Prozess, was sich mildernd auswirken sollte. Mit einem Urteil ist in den kommenden Wochen zu rechnen.