Krisenzeichen : Sorgen um Banken nehmen zu
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Frankfurter Skyline: Die Rezession trübt die Aussichten in den Bankentürmen. Bild: dpa
Am Markt für Kreditausfallversicherungen nehmen die Sorgen für Kreditausfälle zu. Die Risikoaufschläge sind nicht nur für die Credit Suisse deutlich gestiegen.
Rollt eine neue Bankenkrise auf den Finanzmarkt zu? Die Banken verneinen das, doch ihre Aufseher warnen sie vor Übermut. Das hat der oberste Bankenaufseher der Europäischen Zentralbank (EZB), Andrea Enria, vor wenigen Tagen getan und auf die steigenden Kreditrisiken hingewiesen. Sich wieder auf breite staatliche Rettungsprogramme wie in der Corona-Pandemie zu verlassen, davon rät der Chef der EZB-Bankenaufsicht ab. Hinzu kommt aus der vergangenen Woche die akute Krisenwarnung des EU-Systemrisikorates (ESRB) für den Finanzmarkt.
Noch weisen die europäischen Banken eine solide Eigenkapitalausstattung auf. Das zeigen die am Donnerstag veröffentlichten Kennziffern der EU-Bankenaufsichtsbehörde EBA zum zweiten Quartal. Die Quote für das harte, bei Verlusten sofort haftende Eigenkapital (CET 1) lag Ende Juni auf einem soliden Niveau. Ähnlich gut zeigten sich den EBA-Statistiken zufolge die Liquiditätspuffer. Auch die Zahl der notleidenden Kredite ging weiter zurück. Allerdings sind die Zahlen mit Vorsicht zu genießen, denn die Ausschläge der drohenden Rezession und die dann drohenden Kreditausfälle stehen den Banken erst noch bevor.
Mehr wacklige Kredite als in der Pandemie
Darauf deuten die Zahlen zu den wackligen Krediten, bei denen es erste Anzeichen einer Störung gibt, die aber noch nicht als notleidend eingestuft werden müssen. Diese sind den EBA-Zahlen zufolge auf 9,5 Prozent des gesamten Kreditvolumens und damit auf ein höheres Niveau als in der Corona-Pandemie gestiegen. Das ist ein klares Zeichen für erhöhte Kreditrisiken. Kürzlich warnte die Ratingagentur S&P Global davor, dass eine Rezession die Erträge der europäischen Banken belasten wird.
So hoch wie bei Lehman Brothers
Wie die Investoren bezüglich der Banken nervöser werden, lässt sich am Markt für Kreditausfallversicherungen ablesen. Die Risikoaufschläge für die sogenannten Credit Default Swaps (CDS) sind in den vergangenen zwölf Monaten deutlich gestiegen. Bei der Schweizer Großbank Credit Suisse haben sie ein Niveau erreicht, auf dem sich der Vorstandschef Ulrich Körner gezwungen sah, seine Mitarbeiter zu beruhigen. Das zog am Aktienmarkt Kursturbulenzen und ein neues Rekordtief der Credit-Suisse-Aktien nach sich. Für den Zeitraum von fünf Jahren liegt die CDS-Prämie für die Credit Suisse derzeit bei 3,67 Prozentpunkten. Damit kostet die Absicherung einer Forderung von einer Million Euro gegenüber der Schweizer Bank eine jährliche Prämie von 36 700 Euro. Vor einem Jahr mussten nur 6100 Euro gezahlt werden.
Ein Fachmann für den CDS-Markt ist Jochen Felsenheimer, Geschäftsführer des Münchener Vermögensverwalters Xaia Investment. Er blickt mit großer Sorge auf die Ausfallversicherung für ein Jahr: Hier kostet die CDS-Prämie für Credit Suisse seinen Angaben zufolge derzeit 6,25 Prozentpunkte. Das entspricht einer Ausfallwahrscheinlichkeit von 12 Prozent. „Das ist fast schon dramatisch hoch, denn die Kreditausfallversicherungen von Lehman Brothers waren eine Woche vor dem Zusammenbruch auch auf diesem Niveau gehandelt worden. Ich halte das Niveau bei Credit Suisse aber derzeit etwas für übertrieben, weil deren Bilanz und Sicherheiten deutlich solider sind, als dies im September 2008 bei Lehman der Fall war.“
Allgemein seien die Risikoaufschläge am CDS-Markt seit Jahresanfang deutlich gestiegen. „Mit der immer wahrscheinlicheren Rezession werden die Anleger vorsichtiger. Sie erwarten mehr Kreditausfälle“, sagt Felsenheimer im Gespräch mit der F.A.Z.
Auch an den CDS-Prämien der Deutschen Bank (1,65 Prozentpunkte) oder der Commerzbank (1,37) lässt sich die wachsende Nervosität ablesen. Vor zwölf Monaten sind beide Ausfallversicherungen noch zu Prämien von weniger als 0,5 Prozentpunkten gehandelt worden. Der Anstieg der CDS-Prämien ist von einem Kursrückgang der Bankaktien begleitet worden. Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine hat der Stoxx-Bankenindex 30 Prozent verloren. Beim Leitindex für den Euroraum, dem Euro Stoxx 50, liegt das Minus bei 18 Prozent.