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Commerzbank in der Kritik : Klage gegen Negativzinsen auf dem Sparbuch

Die Commerzbank berücksichtigt bei der Berechnung von Guthabengebühren auch die Sparbücher. Bild: Reuters

Die Commerzbank verlangt sogenannte Guthabengebühren auch für Einlagen auf dem Sparbuch. Das ist rechtlich umstritten. Die Verbraucherzentrale Hamburg klagt jetzt.

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          Die Verbraucherzentrale Hamburg klagt gegen die Commerzbank, weil diese auch Einlagen auf Sparbüchern zur Berechnung sogenannter Guthabengebühren heranzieht. Seit längerem ist umstritten, ob auch Spareinlagen im engeren Sinne, das sind beispielsweise Einlagen auf Sparbüchern, von Banken mit solchen Formen der Negativzinsen belastet werden dürfen.

          Christian Siedenbiedel
          Redakteur in der Wirtschaft.

          Selbst viele Juristen in Banken hatten das verneint. Die Praxis, solche Entgelte für Guthaben auf Sparbüchern zu verlangen, ist aus Sicht der Verbraucherschützer rechtswidrig. Das treffe auch auf das Vorhaben der Commerzbank  zu, mit Bestandskunden Vereinbarungen über als sogenannte „Guthabenentgelte“ getarnte Verwahrentgelte zu treffen. Die Verbraucherschützer reichten beim Landgericht Frankfurt Klage ein. Die Commerzbank lehnte eine Stellungnahme ab.

          „Die Kunden sollen nicht nur keine Zinsen mehr erhalten, sondern darüber hinaus auch noch für das von ihnen gewährte Darlehen zahlen“, sagte Verbraucherschützerin Sandra Klug. Durch diese Regelung werde der Zweck eines Sparvertrages ad absurdum geführt. Die Commerzbank wälze allgemeine Betriebskosten oder sonstige Aufwendungen, die im Interesse des Unternehmens lägen, auf ihre Kunden ab, ohne dass diese im Gegenzug eine zusätzliche Leistung erhielten.

          Andere Banken hielten das Sparbuch für tabu

          Die Frage, ob man Geld auf dem Sparbuch ohne Negativzinsen parken kann, ist auch deshalb wichtig, weil manche Kunden das als  eine Fluchtmöglichkeit vor den von immer mehr Banken  erhobenen Negativzinsen gesehen hatten. Manche Institute wie die Raiffeisenbank Gmund am Tegernsee hatten zwar mit oder schon vor der Einführung von Negativzinsen die Ausgabe neuer Sparbücher eingestellt, aber zugleich versichert, wenn jemand noch ein altes Sparbuch habe, könne er das weiterhin ohne Negativzinsen nutzen und dort auch ohne weiteres noch neue größere Beträge einzahlen.

          Die Commerzbank hatte sich in der Vergangenheit auf den Standpunkt gestellt: „Alle Einlagen- und Girokonten dienen grundsätzlich der sicheren Verwahrung und werden bei der Berechnung von Verwahrentgelten einbezogen - neben Einlagen- und Girokonten werden auch Sparkonten berücksichtigt.“ Damit war die Commerzbank aber eher der Ausnahmefall gewesen. Spielt sie jetzt so was wie den Tabu-Brecher der Bankenbranche in dieser Frage?

          Die Frankfurter Volksbank dagegen hatte 2019 hervorgehoben, selbst wenn man Negativzinsen von Kunden erheben sollte, seien Spareinlagen im engeren Sinne, dazu gehören neben Spar-Karten etwa auch Sparbücher, von den Negativzinsen aus juristischen Gründen ausgenommen: „Entgegen der aktuellen Berichterstattung wird die Frankfurter Volksbank keine Verwahrentgelte auf Spareinlagen erheben, das ist rechtlich nicht zulässig.“

          Auch die Berliner Volksbank hatte hervorgehoben: „Hat der Kunde noch ein Sparbuch oder Sparkonto aus der Vergangenheit, können wir ihn weder am Umbuchen hindern noch negative Zinsen auf das Sparguthaben berechnen.“

          Manche Banken sagen dagegen, sie müssten schließlich mit niemandem zusammenarbeiten: Wenn jemand komme und ein Sparbuch eröffnen wolle, um dort 300 000 Euro einzuzahlen, könnten sie das auch einfach ablehnen. Manche drohen auch, sie könnten sich von Bestandskunden trennen, wenn diese ungefragt gewaltige Summen auf ihre Sparbücher einzahlten. Da fänden sich Mittel und Wege. Andere bringen vor, sogar die Kündigung eines Sparbuchs von Seiten der Bank sei im Extremfall möglich - auch wenn bislang nichts davon zu hören ist, dass so etwas in der Praxis tatsächlich passiert.

          Rechtsprofessor Tröger ist vorsichtig

          Der Frankfurter Rechtsprofessor Tobias Tröger äußerte sich in dieser Frage vorsichtig: „Zivilrechtlich ist es nicht ausgeschlossen, auch für Spareinlagen Verwahrentgelte zu erheben.“ Das Vertragsverhältnis habe nach einer Umstellung, der ein Kunden zugestimmt habe, eine Doppelnatur. „Der sogenannte gemischt typische Vertrag kombiniert Elemente des Verwahrvertrags und des Darlehensvertrags“, sagt Tröger. „So kann in der aktuellen Niedrigzinsphase ein Verwahrentgelt, zum Beispiel in Form negativer Zinsen, erhoben werden, nach deren Ende können auch ohne weitere Änderungen wieder positive Guthabenzinsen gezahlt werden.“

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