Brexit : Reiche Briten schaffen Geld ins Ausland
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Gebäude wichtiger Schweizer Banken am Paradeplatz in Zürich Bild: Reuters
Immer mehr besonders reiche Briten lassen Teile ihres Vermögens im Ausland verwalten. So profitieren Banken und Vermögensverwalter in der Schweiz und Luxemburg von der Angst vor einem EU-Austritt Großbritanniens.
Viele reiche Briten fürchten bei einem ungeregelten Brexit chaotische Zustände und schaffen daher ihr Geld außer Landes. Davon profitieren Privatbanken im „sicheren Hafen“ Schweiz: Sie verzeichneten in den vergangenen Monaten einen regen Zustrom von Kunden aus dem Vereinigten Königreich, wie mehrere mit der Lage vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters sagten.
Während demnach bislang viele internationale Geschäftsleute mit britischem Wohnsitz einen Teil ihres Vermögens in der Schweiz parken, sind es nun auch alteingesessene Briten selbst, die ihr Geld wegen der unabsehbaren Lage in Sicherheit bringen wollen.
„Wir haben in den vergangenen Monaten eine Verdreifachung der Kontoeröffnungen aus Großbritannien verzeichnet“, sagte eine Person, die mit den Vorgängen bei einer Großbank vertraut ist. Neben der Schweiz wählten viele Briten auch Luxemburg als sicheren Hafen. Dies werde von Steuerberatern in Großbritannien auch aktiv so angeboten.
Trend verstärkt sich
Ein Insider bei einer weiteren Großbank sagte, es seien vor allem superreiche Kunden, die einen Teil ihres Vermögens in die Schweiz brächten, um dieses auf mehrere Orte zu verteilen. Dieser Trend habe sich in den vergangenen Wochen deutlich verstärkt. Das bestätigte ein Eingeweihter bei einer Privatbank, die bereits in den vergangenen drei bis sechs Monaten mehr Kunden aus Großbritannien zählte.
Schweizer Banken gehören zu den größten Vermögensverwaltern der Welt. Sie profitieren dabei vom Ruf der Schweiz als wirtschaftlich und politisch stabiles Land. Zudem ist der als sicher geltende Schweizer Franken bei Investoren als Anlage beliebt. Per Ende März 2019 hatten Briten knapp 19 Milliarden Dollar in der Schweiz geparkt. Das geht aus der Statistik der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich BIZ hervor – die vergangenen sechs Monate sind darin jedoch nicht enthalten. Zu Hochzeiten, etwa während der Finanzkrise, waren es mit knapp 30 Milliarden Dollar auch schon deutlich mehr. In Luxemburg hatten die Briten zuletzt gut 14 Milliarden Dollar – mit stetig steigender Tendenz.
Der britische Premier Boris Johnson stellte Brüssel am Mittwoch vor die Wahl zwischen einem Brexit-Abkommen auf Grundlage seiner jüngsten Vorschläge und einem ungeregelten EU-Austritt am 31. Oktober. Die neuen Pläne Londons seien ein Kompromiss, so der Regierungschef. Werde keine Einigung erzielt, sei die Folge klar: „Die Alternative ist: No Deal.“ Dreieinhalb Jahre nach dem Referendum fühlten sich die Briten „als ob sie zum Narren gehalten werden“.
Die EU-Kommission bekräftigte ihren Willen zur Einigung – allerdings noch ohne den Vorschlag im Detail zu kennen. „Wir glauben, dass ein geregelter Austritt weit besser ist als ein „No-Deal“-Szenario“, erklärte die Brüsseler Behörde am Mittwoch etwa zeitgleich mit der Rede Johnsons. Sie kündigte für den Nachmittag ein Telefonat von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit Johnson an. Vorher wollte Juncker mit Bundeskanzlerin Angela Merkel sprechen.
Wie Johnson an einem Gesetz vorbeikommen will, das ihn, sollte kein Abkommen gelingen, zum Antrag auf eine Verlängerung der Brexit-Frist verpflichtet, sagte der Regierungschef nicht. Eine Mehrheit im Parlament will einen ungeregelten EU-Austritt unbedingt verhindern. Der Versuch Johnsons, das Parlament mit einer fünfwöchigen Zwangspause kaltzustellen, scheiterte aber vor Gericht. Berichten zufolge will der Premier möglicherweise schon bald eine neue, wenn auch kürzere, Parlamentspause bei Königin Elizabeth II. beantragen.