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BIZ-Jahresbericht : Märkte in Gefahr

Kein leichter Arbeitstag: Ein Händler an der New Yorker Börse am Freitag nach dem Brexit-Votum. Bild: dpa

Der Brexit hat die Börsen in Aufruhr versetzt. Doch das ist längst nicht das einzige Problem, glaubt die Zentralbank der Zentralbanken: Sie sieht noch einige Risiken mehr.

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          Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) erwartet nach dem Brexit-Referendum eine Phase der Unsicherheiten und Anpassungen. Auf der Generalversammlung der „Bank der Zentralbanken“ sagte BIZ-Generaldirektor Jaime Caruana am Sonntag in Basel, dass die Entscheidung der britischen Wähler, aus der EU auszutreten, schon zu hohen Schwankungen an den Finanzmärkten geführt habe. Deshalb äußerten die Zentralbanken ihre Bereitschaft, eng zusammenzuarbeiten und die Bank von England zu unterstützen, um Störungen an den Märkten zu verhindern.

          Markus Frühauf
          Redakteur in der Wirtschaft.

          Caruana zeigte sich zuversichtlich, dass es gelingen werde, die Unsicherheiten zu begrenzen und möglichst reibungslose Anpassungen zu gewährleisten. Dabei stützt er sich zum einen auf die widerstandfähigeren Finanzsysteme aufgrund der höheren Kapital- und Liquiditätspolster der Banken, zum anderen auf die Zusage der Zentralbanken, das geordnete Funktionieren der Märkte sicherzustellen.

          Werden die Zentralbanken überfordert?

          In ihrem am Sonntag veröffentlichten Jahresbericht warnt die BIZ, die Zentralbank der Zentralbanken, aber auch vor einer Überforderung ihrer Mitglieder. „Die Märkte und die breite Öffentlichkeit haben sich in eine wachsende Abhängigkeit von den Zentralbanken begeben, und sie haben auch ihre Erwartungen an die Geldpolitik in die Höhe geschraubt“, sagte Caruana. Doch seien die Notenbanken mit ihren außerordentlichen Maßnahmen, die sie zur Ankurbelung der Weltwirtschaft ergriffen hätten, an ihre Grenzen gestoßen.

          Seiner Ansicht nach arbeiten die Zentralbanken am besten, wenn sie sich ganz auf ihre Kompetenzen konzentrieren, die Geld- und Finanzstabilität zu gewährleisten. Deshalb sei ein institutioneller Rahmen mit klar voneinander abgegrenzten Zuständigkeiten der Zentralbanken und anderer politischer Entscheidungsträger unerlässlich, betonte der BIZ-Generaldirektor.

          In ihrem Jahresbericht warnt die BIZ, die eine Schlüsselrolle in der Zusammenarbeit der Zentralbanken hat und für die Bankenaufsicht internationale Regeln (Basel III) vorgibt, vor einer riskanten Dreierkonstellation aus niedrigem Produktivitätswachstum, beispiellos hohen Schuldenständen und einem kaum noch vorhandenen Spielraum der Wirtschaftspolitik. Sie ruft zu einer wirtschaftspolitischen Neuausrichtung auf. Nach Ansicht der BIZ sind die außerordentlich niedrigen Zinsen, die in den vergangenen Jahren noch weiter gesunken sind, ein deutliches Symptom dieser unbehaglichen Konstellation. Die in Basel ansässige Finanzinstitution, die schon weit vor der in den Jahren 2007 und 2008 ausgebrochenen Finanzkrise auf die Gefahren hingewiesen hatte, hält die Weltwirtschaft für „höchst anfällig“, nicht zuletzt für Schocks und politische Risiken.

          Risiken für die Finanzstabilität

          Die Volkswirte der BIZ halten eine Entlastung der Geldpolitik, der viel zu lange zu viel aufgebürdet worden sei, für unerlässlich. Der Leiter der Währungs- und Wirtschaftsabteilung, Claudio Borio, sieht zwar seit der Finanzkrise Fortschritte, zumal die Wachstumsraten nahe historischen Durchschnittswerten liegen und der Begriff einer „kraftlosen Erholung“ nicht gerechtfertigt sei. Trotzdem befinde sich die Weltwirtschaft auf keinem robusten, ausgeglichenen und nachhaltigen Wachstumspfad. Ein geringes Produktivitätswachstum trübe Hoffnungen auf bessere Lebensstandards. Schuldenstände von historisch nie dagewesenem Ausmaß seien ein Risiko für die Finanzstabilität.

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