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Bundesfinanzhof urteilt : Kryptogewinne sind steuerpflichtig

Real oder nur eine Fiktion? Bitcoin-Symbol an einem Krypto-Shop in Albanien Bild: AFP

Erstmals hat der Bundesfinanzhof ein Urteil zu virtuellen Währungen gefällt. Ein Anleger hatte 3,4 Millionen Gewinne lediglich als Datensatz bezeichnet und von einer „Dummensteuer“ gesprochen.

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          Veräußerungsgewinne aus Geschäften mit Kryptowährungen sind steuerpflichtig. Kryptoanleger müssen diese Gewinne nach den Regeln für Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in ihrer Einkommensteuererklärung angeben. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem Grundsatzurteil zur steuerrechtlichen Erfassung von virtuellen Währungen entschieden.

          Katja Gelinsky
          Wirtschaftskorrespondentin in Berlin

          Bei Kryptowährungen handle es sich um Wirtschaftsgüter, die bei Anschaffung und Veräußerung innerhalb eines Jahres der Einkommensteuerpflicht für private Veräußerungsgeschäfte unterfielen, teilte der BFH am Dienstag in München mit. Halten Anleger die Währungen länger, sind die Gewinne anders als bei Aktien steuerfrei.

          Das höchste deutsche Finanzgericht äußerte sich rund 15 Jahre nach Einführung des Bitcoin erstmals zu Steuerfragen von Kryptogeschäften. Kläger war ein privater Kryptoanleger aus Köln, der verschiedene Kryptowerte erworben, getauscht und verkauft hatte. Für die Abwicklung der Geschäfte mit Bitcoins, Ethereum und Monero hatte der Privatmann über digitale Handelsplattformen teilweise Kaufverträge mit Anbietern von Kryptowerten zu aktuellen Kursen geschlossen. Teilweise hatte er auch Tauschgeschäfte mit Kryptowährungen aus seinem Portfolio vereinbart. In seiner Einkommensteuererklärung für 2017 gab der Kläger einen Kryptogewinn von rund 3,4 Millionen Euro an.

          Anleger hielt „Datensatz“ nicht für steuerpflichtiges Wirtschaftsgut

          Mit dem Finanzamt kam es zum Streit darüber, ob dieser Gewinn der Einkommensteuer unterliegt. Der Kläger argumentierte, ein Kryptogewinn sei ein Datensatz und könne deshalb nicht als einkommensteuerpflichtiges „Wirtschaftsgut“ qualifiziert werden. Außerdem stehe der Besteuerung ein strukturelles Vollzugsdefizit entgegen: Der Staat könne Gewinne aus Kryptogeschäften praktisch nur besteuern, wenn ein Steuerpflichtiger ausdrücklich angebe, dass er in Kryptowerte investiert habe. Im Ergebnis zahle also nur der Ehrliche Steuern auf erfolgreiche Kryptogeschäfte. Eine solche „Dummensteuer“ sei verfassungswidrig.

          Das Finanzgericht Köln war den Argumenten des Klägers nicht gefolgt und hatte die Klage 2021 abgewiesen. Auch vor den Finanzgerichten Baden-Württemberg und Berlin-Brandenburg blieben Klagen gegen die Besteuerung von Kryptowährungen erfolglos. Das Finanzgericht Nürnberg dagegen hatte Zweifel geäußert, ob Gewinne aus Spekulationsgeschäften mit virtuellen Währungen einkommensteuerpflichtig seien.

          Der BFH entschied nun, Kryptogewinne seien „andere Wirtschaftsgüter“ im Sinne des Einkommensteuerrechts. „Der Begriff des Wirtschaftsguts ist weit zu fassen“, teilte das Gericht mit. Darunter fielen auch „konkrete Möglichkeiten und Vorteile, deren Erlangung sich ein Steuerpflichtiger etwas kosten lässt und die nach der Verkehrsauffassung einer gesonderten selbstständigen Bewertung zugänglich sind.“

          Kurswert macht Besteuerung möglich

          Das sei bei virtuellen Währungen der Fall. Bitcoin, Ethereum und Monero seien wirtschaftlich betrachtet als Zahlungsmittel anzusehen, die auf Plattformen und an Börsen gehandelt würden. Sie hätten einen Kurswert und könnten für Zahlungsvorgänge zwischen den Beteiligten genutzt werden. Der BFH unterstützt damit die Rechtsauffassung der Bundesregierung, die das Bundesfinanzministerium im Mai 2022 in einem Leitfaden zur ertragssteuerrechtlichen Behandlung von Bitcoins und anderen Kryptowerten dargelegt hatte.

          Zu dem Einwand des Klägers, dass nur der Ehrliche Steuern auf Kryprogewinne zahle, teilte der BFH mit, ein strukturelles Vollzugsdefizit bestehe nicht. Es gebe weder Erhebungsregeln, die einer Besteuerung entgegenstünden, noch lägen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Finanzverwaltung nicht in der Lage sei, Gewinne und Verluste aus Geschäften mit Kryptowährungen zu erfassen. Die Verfahren, in denen die Ermittlungsmaßnahmen, etwa durch Sammelauskunftsersuchen, nicht zum Erfolg führten, wertete der BFH als „Einzelfälle“, die ein strukturelles Vollzugsdefizit nicht begründeten.

          Unklar ist, in welcher Höhe der Fiskus Steuereinnahmen aus Kryptogeschäften erzielt. Dazu sagte ein Ministeriumssprecher gegenüber der F.A.Z., ein statistischer Nachweis sei nicht möglich, da Einkünfte, auf die Einkommensteuer zu entrichten sei, in der Regel nicht einzelnen Wirtschaftsgütern zugeordnet würden. Hinzu komme, dass die Einkommensteuer am Gesamtbetrag der Einkünfte ansetze.

          Angesichts der Unsicherheiten über die steuerliche Fragen im Zusammenhang mit Kryptowährungen würden aktuell unter Beteiligung der Verbände Vorgaben zur Erfüllung der Steuererklärungspflichten sowie von Aufzeichnungs- und Mitwirkungspflichten zur Erfassung von Kryptoeinkünften erarbeitet. Schon verlässliche Informationen über die verfügbaren Kryptowährungen zu bekommen, gestaltet sich schwierig. Genannt wird eine Größenordnung von rund 20.000, doch gibt es wegen der extremen Volatilität des Kryptomarktes fast täglich Schwankungen. (Aktenzeichen: IX R 3/22)

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