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Geheimdienst ermittelt : Bitcoin-Schürfer zapften Atomkraftwerk an

Bitcoin-Mine in China Bild: EPA

Mitarbeiter eines Kernkraftwerks in der Ukraine bedienten sich direkt an der Quelle billigen Stroms. Auch in Deutschland gibt es ähnlich skurrile Fälle. Denn der Energieverbrauch für das Schürfen digitaler Münzen ist immens.

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          Wenn man glaubt, man habe schon alles gehört, kommt noch immer eine Meldung heraus, die man doch noch nie gehört hat. So wurde nun bekannt, dass Mitarbeiter in einem ukrainischen Atomkraftwerk angefangen haben sollen, Bitcoin herzustellen. Nun ermittelt sogar der ukrainische Inlandsgeheimdienst SBU. Er untersucht, ob sich möglicherweise externe Angreifer Zugriff auf das Atomkraftwerk verschaffen konnten. Das berichtet ZDnet. Was ist passiert?

          Franz Nestler
          Redakteur in der Wirtschaft.

          In den vergangenen Jahren haben sogenannte Digitalwährungen für Aufsehen gesorgt. Sie sind eigentlich zum Bezahlen gedacht, doch waren sie zuletzt eher ein Gut für Zocker, da die Transaktionen zu teuer und langwierig waren sowie die Kursschwankungen zu stark. Für Zocker sind sie allerdings ideal, da die Preise lange Zeit nur eine Richtung kannten: nach oben. Um die Netzwerke für Digitalwährungen zu betreiben, ist eine ganze Menge Strom erforderlich – aktuell verbraucht es im Jahr mehr als 73 Terrawattstunden, das ist in etwa so viel, wie Österreich an Strom konsumiert.

          Deswegen stehen die Rechenzentren, die Bitcoin herstellen, größtenteils in Ländern, in denen der Strom billig ist, etwa in China. Diese sogenannten Miner halten das Netzwerk am Laufen. Und hier schließt sich der Kreis zur Ukraine. Was liegt näher, als direkt dort den Strom abzuzapfen, wo er produziert wird?

          Am 10. Juli beschlagnahmten nun der SBU in der Nähe von Yuzhnoukrainsk im zweitgrößten Kernkraftwerk der Ukraine mehrere Rechner. Mit diesen „Mining-Computern“, die mutmaßlich Tag und Nacht liefen, werden Bitcoin durch die Berechnung komplexer mathematischer Formeln hergestellt. Das kritische daran: Es reicht nicht nur, Computer hinzustellen, sondern sie müssen auch mit dem Internet verbunden sein. Und hier wird es wiederum kritisch. Denn Atomkraftwerke sind im Normalfall nicht mit dem Internet verbunden, damit sie eben nicht Ziel von Hackern werden können, die Furchtbares anrichten können. Doch von solchen Fällen gibt es immer wieder welche. In einem russischen Atomforschungszentrum haben mehrere Wissenschaftler ebenfalls versucht, Bitcoin zu minen. Sie wurden ebenfalls entdeckt, als sie einen Rechner ihres streng geheimen Forschungslabors an das Internet anschlossen.

          Auch in Deutschland gibt es immer wieder Fälle, die aber eher zum Schmunzeln einladen. Im Vogtland sollen sechs Beschuldigte ebenfalls ein Rechenzentrum betrieben haben. Es stand in den Räumen der früheren PGH Elektro, einer Produktionsgenossenschaft des Handwerks. Unter solchen Genossenschaften wurden früher Handwerker mehr oder weniger mit Zwang zusammengeschlossen. Und eben in solchen Räumlichkeiten wurde ein Rechenzentrum betrieben. Die 49 Rechner – davon 30 mit Spezialhardware, 80 Grafikkarten, zahlreiche Kabel – liefen mutmaßlich Tag und Nacht. Das Problem daran: Sie taten es illegal.

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          Da der Strom in Deutschland vergleichsweise teuer ist, lässt sich so ein Rechenzentrum in Deutschland eigentlich nicht wirtschaftlich betreiben. Doch der Strom wurde illegal unter Umgehung eines Zählers abgezapft, der Schaden beläuft sich auf 220.000 Euro. Die Anlage verbrauchte nach Angaben der Staatsanwaltschaft Zwickau so viel Strom wie 30 normale Haushalte. Das fiel auf. Die Beschuldigten müssen sich nun wegen des Straftatbestandes der Entziehung elektrischer Energie verantworten. Er sieht eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vor.

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