Banklizenz für Internetgeschäfte : Googles Weg zur Sparkasse
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Google dringt ins klassische Geschäft der Banken vor Bild: dpa
Facebook, Ebay und Co. setzen auf eigene Bezahllösungen im Internet. Nun formiert sich Widerstand bei den deutschen Banken. Doch der kommt zu spät.
Entwicklungen aus dem Internet haben schon viele Branchen kalt erwischt und auf den Kopf gestellt. Die Musik- wie die Filmindustrie und auch die Zeitungsbranche können ein Lied davon singen, wie sie von Umwälzungen im weltweiten Netz zuerst überholt wurden, um jetzt einer Entwicklung hinterherzuhecheln. Sie erholen sich bis heute nur langsam davon. Und als nächstes könnte es die Banken treffen. Nicht zufällig haben die Internetgiganten in Europa durchweg eine Banklizenz oder sind dabei, eine zu beantragen.
Google selbst hat bereits seit dem Jahr 2007 eine Banklizenz in Europa, ebenso wie die Ebay-Tochter Paypal, mit der Geschäfte im Internet leicht abgewickelt werden können. Auch Facebook steht laut „Financial Times“ kurz davor, eine Banklizenz in Irland zu beantragen. Dafür spricht, dass das soziale Netzwerk den Chef von Paypal abgeworben hat. Amazon soll ebenfalls an einem eigenen Bezahldienst arbeiten. Und Apple hat sein neues Handy nicht umsonst mit einem Fingerabdruck-Scanner ausgestattet. Konzernchef Tim Cook sagte, dieser wurde integriert, um das Bezahlen am Handy zu ermöglichen. Damit wäre der Club der Internetkonzerne fast komplett in dem Multi-Milliardenmarkt vertreten.
Mit einer Banklizenz können die Heerscharen an Nutzern der Internetkonzerne dann beispielsweise untereinander Geld überweisen oder Dienstleistungen der Unternehmen bezahlen. Die Unternehmensberatung Bain&Company schätzt, dass die Internetkonzerne den Banken mittlerweile 2 Prozent Marktanteil abgeknüpft haben. Das klingt nicht viel, aber auch beim Werbemarkt fing Google einmal klein an, den es nun im Internet komplett dominiert. Bereits bei der Finanzierung hat das Crowdfunding den Banken etwas Wasser abgegraben und in Portalen wie Wikifolio empfiehlt der Schwarm, wie man am besten anlegen sollte – der klassische Bankberater wird nutzlos.
Auf dem Weg zur Großmacht
Im Markt der Bezahlmöglichkeiten ist die Ebay-Tochter Paypal schon auf dem besten Weg zur Großmacht. Ein Viertel aller Internetkäufe werden in Deutschland mittlerweile über Paypal bezahlt, schätzt die Unternehmensberatung Bain & Company. Mittlerweile haben sie nach eigenen Angaben mehr als 230 Millionen Kunden in 193 Ländern. In Deutschland sind davon rund 15 Millionen Kunden aktiv. Zum Vergleich: Die zweitgrößte deutsche Bank, die Commerzbank, hat lediglich 11 Millionen Kunden.
Auch die deutschen Banken basteln an einem eigenen Paypal. Doch das könnte schon zu spät sein. Aus dem Branchenverband Deutsche Kreditwirtschaft hieß es gegenüber dieser Zeitung, dass man über ungelegte Eier nicht spreche und die Entwicklung in einem viel zu frühem Stadium sei. Gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters sagte ein mit der Sache betrauter Manager: „Wir glauben, dass wir ein besseres Angebot als Paypal hinbekommen“. Er setze darauf, dass die meisten Deutschen beim Bezahlen im Internet lieber einen Service ihrer Bank nutzen als das Angebot eines Internetkonzerns aus Kalifornien.
Auch das Google-Konto ist schon auf den Weg gebracht. Mit dem „Google Wallet“ werden Zahlungen auf Handys mit dem Betriebssystem Android abgewickelt, wenn Programme aus dem „Google Play Store“ gekauft werden. Mit dem Betriebssystem sind mittlerweile die meisten Handy ausgestattet. Das Kalkül dahinter ist klar: Wenn über die hauseigenen Bezahlsysteme die Geschäfte abgewickelt werden, sollen die Kunden einerseits stärker an sie gebunden werden und gleichzeitig müssen die Internetkonzerne keine oder weniger Provisionen an die Banken zahlen.
Kein einheitlicher Standard
In den Vereinigten Staaten sind auch schon Überweisungen von Mensch zu Mensch möglich, wie etwa bei Paypal und sogar auch das Bezahlen an der Kasse. Im realen Leben hat sich das nur teilweise durchgesetzt. Zwar arbeiten Paypal und Google mit aller Macht daran. Aber noch gibt es keinen einheitlichen Bezahlstandard, der sich durchgesetzt hat. In diese Lücke könnten die Banken stoßen, die bisher einen großen Marktanteil an Bezahllösungen haben. Doch dazu müssten sie sich beeilen und nicht nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen. Und das auch schnell genug, damit sie nicht von den flexibleren Internetkonzernen überholt werden. Doch danach schaut es noch nicht aus. Googles Weg zur Sparkasse ist freilich noch ein weiter.
Nicht nur das die Internetkonzerne die strengen Geldwäschevorschriften beachten und die Identität ihrer Kunden rechtssicher feststellen müssen, zum Beispiel mit dem Personalausweis. Am Anfang und Ende jeder Transaktion steht heute immer noch ein reales Konto bei einer Bank. Doch viel hindert die Kunden nicht mehr daran, auch ein Konto bei Google oder einem anderen Internetkonzern als Hauptkonto zu nutzen. Dass es zum Beispiel möglich ist, sein Konto anderswo als bei einer Bank zu führen, zeigt Afrika. Dort benutzen schon heute viele ihr Handy als Konto mit Diensten wie Mpesa. Google müsste zum Beispiel erklären, wie es die Anlagen seiner Kunden anlegt und sich auch um eine Einlagensicherung bemühen.
Auch um eine Verzinsung müsste der Konzern sich Gedanken machen, auch wenn es im aktuellen Niedrigzinsumfeld kaum einen Unterschied macht, ob der Kunde nun 0,1 Prozent Zinsen im Jahr bekommt oder 0,0 Prozent. Aber gerade hierzulande ist das Misstrauen noch groß. Es dominieren sowohl Zweifel an der Sicherheit als auch Datenschutzbedenken. Im Zuge des Abhörskandals des amerikanischen Geheimdienstes NSA haben viele Bürger – nicht zu Unrecht – Sorgen darum, was mit ihren Daten in den Vereinigten Staaten geschieht. Doch reagieren die Banken nicht schnell genug mit einfachen Lösungen, könnten am Ende der digitalen Revolution Google & Co. zumindest teilweise die Rolle von Banken eingenommen haben. Damit es nicht so weit kommt, müssten die Geldinstitute sich nach der Finanzkrise wieder bemühen, verloren gegangenes Vertrauen zurückzuholen.