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Neue Angst vor Bankenkrise : Deutsche-Bank-Aktie deutlich im Minus – Scholz: Kein Anlass zur Sorge

  • Aktualisiert am

Die Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt Bild: dpa

Das Banken-Beben hält die Anleger weiter in Atem. Der deutsche Aktienindex Dax verliert am Freitag weiter. In ganz Europa vermindern sich die Kurse von Finanzwerten. Sogar der Kanzler schaltet sich ein.

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          Die Nervosität unter Bankanlegern ebbt nicht ab: Zum Wochenschluss geriet vor allem die Deutsche Bank unter massiven Verkaufsdruck. Die Aktien von Deutschlands größtem Geldhaus rutschten um bis zu 14,9 Prozent auf 7,95 Euro ab, so stark wie zuletzt während des Börsencrashs vom März 2020. Im Laufe des Nachmittags grenzten sich die Kursverluste etwas ein.

          Seit dem Kollaps der Silicon Valley Bank in den USA und dem Beginn der Bankenkrise vor gut zwei Wochen haben die Titel der Deutschen Bank rund 30 Prozent eingebüßt – damit lösten sich rund sieben Milliarden Euro an Börsenwert in Luft auf. Aktuell ist die Deutsche Bank noch gut 16,5 Milliarden Euro wert.

          Für Unruhe sorgte laut Händlern zum Wochenschluss vor allem der rapide Anstieg der CDS des Frankfurter Geldhauses, also die Preise für die Absicherung gegen Zahlungsausfälle bei Anleihen von Banken. Für die Absicherung eines 10 Millionen Euro schweren Pakets von Deutsche-Bank-Anleihen mussten dem Datenanbieter S&P Market Intelligence zufolge am Freitag über 200.000 Euro gezahlt werden statt 142.000 Euro wie noch am Mittwoch.

          Scholz spricht sein Vertrauen aus

          Finanzexperten halten die Deutsche Bank allerdings für widerstandsfähig. „Wir sind relativ entspannt angesichts des robusten Eigenkapitals und der Liquiditätspositionen der Bank“, schrieben Analysten von Autonomous Research in ihrer Analyse. „Um es klar zu sagen: Deutsche Bank ist nicht die nächste Credit Suisse.“

          Auch Kanzler Olaf Scholz hat dem Finanzinstitut demonstrativ sein Vertrauen ausgesprochen. „Es gibt keinen Anlass, sich irgendwelche Gedanken zu machen“, sagte Scholz am Freitag nach dem EU-Gipfel in Brüssel. Die Deutsche Bank habe ihr Geschäftsmodell grundlegend modernisiert, neu organisiert und „ist sehr profitabel“. Das Bankensystem in Europa sei sehr stabil und widerstandsfähig. Die EU habe strenge Regeln für die Aufsicht etabliert.

          Seit der Notrettung der Schweizer Großbank Credit Suisse durch den Rivalen UBS am vergangenen Wochenende sorgen sich viele Investoren über eine Ausweitung der Vertrauenskrise auf andere Geldhäuser. Die CDS anderer großer Geldinstitute wie UBS, Société Générale und Intesa Sanpaolo schossen am Freitag ebenfalls in die Höhe. Die Aktien des zweiten großen Finanzinstituts im Dax, der Commerzbank, gaben in der Spitze 10,4 Prozent auf 8,41 Euro nach. Bei der Coba fiel der Börsenwert in den vergangenen zwei Wochen um rund vier Milliarden Euro auf 10,8 Milliarden Euro.

          Spezielle Anleihen im Fokus

          Auch die Kurse von eigenkapitalähnlichen Anleihen (AT1) der Deutschen Bank gaben nach Daten des Onlinebrokers Tradeweb nach, was die Rendite auf 24 Prozent ansteigen ließ. Damit rentierten sie doppelt so hoch wie noch vor zwei Wochen. Eigenkapitalähnliche Anleihen von Banken sind unter Druck geraten, seit die Credit Suisse gezwungen war, AT1-Schulden im Wert von 16 Milliarden Schweizer Franken im Rahmen der Übernahme durch die UBS auf null abzuschreiben. „Die Auswirkungen der Abschreibung bei Credit Suisse haben Fragen zu einem wichtigen Teil der Bankenfinanzierung aufgeworfen“, sagte Stuart Cole vom Vermögensverwalter Equiti Capital.

          Unabhängig davon kündigte die Deutsche Bank am Morgen an, am 24. Mai nachrangige Anleihen mit einem Volumen von 1,5 Milliarden Dollar vor ihrer Fälligkeit 2028 zu tilgen. Das Institut wird diese sogenannten Tier-2-Anleihen mit der ISIN-Nummer US251525AM33 zu 100 Prozent ihres Nennwerts mit den bis zum Einlösungsdatum aufgelaufenen Zinsen zurückzahlen. 

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          Mehrere EU-Regierungschefs haben sich derweil entspannt angesichts der jüngsten Turbulenzen im Bankensektor gezeigt. „Wir haben unsere Lektion nach der Bankenkrise gelernt“, sagte die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas vor Beginn des zweiten Tages des EU-Gipfels in Brüssel. Das europäische Bankensystem sei ausreichend widerstandsfähig, betonte sie, forderte aber Nachbesserungen bei der europäischen Bankenunion.

          Belgiens Regierungschef Alexander De Croo sagte, man sehe „für den Moment kein Risiko“. Die EU-Kollegen würden dasselbe sagen. Die Banken hätten ausreichend Liquidität. „Ich denke, die jüngste Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank zeigt, dass die EZB Vertrauen in die Finanzmärkte hat.“ Die Regulierung sei in der EU anders als in den Vereinigten Staaten. Auch der slowakische Ministerpräsident Eduard Heger wiegelte ab. „Wir haben genug Instrumente, um den Bankensektor zu kontrollieren.“ Die Institutionen machten einen guten Job.

          Bundesbank-Präsident Joachim Nagel sagte wiederum, die Europäische Zentralbank (EZB) sollte aus seiner Sicht im Kampf gegen die Inflation nicht zu früh von höheren Zinsen wieder abrücken. Es sei notwendig, die Schlüsselsätze auf hinreichend bremsende Niveaus anzuheben, damit die Teuerungsrate rechtzeitig zur Zielmarke von zwei Prozent zurückkehre, sagte Nagel am Freitag in einer Rede in Edinburgh laut Manuskript.

          „Wir sollten ebenfalls die Leitzinsen so lange wie nötig hinreichend hochhalten, um eine dauerhafte Preisstabilität zu gewährleisten“, führte er aus. Aktuell liegt die Inflation im Euroraum noch weit von der EZB-Zielmarke von zwei Prozent entfernt. Im Februar lag sie mit 8,5 Prozent mehr als viermal so hoch.

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