https://www.faz.net/aktuell/finanzen/banken-sollen-sich-auf-steigende-insolvenzen-vorbereiten-17368821.html

Drohende Kreditausfälle : Banken sollen sich auf steigende Insolvenzen vorbereiten

Regenwolken über den Frankfurter Bankentürmen: Aufseher warnen vor einer Insolvenzwelle. Bild: dpa

Finanzministerium, Bundesbank und Finanzaufsicht BaFin geben noch keine Entwarnung: Die großen Herausforderungen der Corona-Krise könne noch bevorstehen.

          2 Min.

          Der beim Bundesfinanzministerium angesiedelte Ausschuss für Finanzstabilität (AfS) stellt dem deutschen Finanzsystem ein gutes Zeugnis in der Corona-Krise aus. Doch die großen Herausforderungen in Form steigender Unternehmensinsolvenzen und vermehrten Kreditausfällen können den Banken noch bevorstehen. „Das Finanzsystem hat sich bislang sehr gut bewährt“, sagte Jörg Kukies, Staatssekretär im Finanzministerium, am Dienstag vor Journalisten anlässlich des aktuellen Jahresberichts. Der AfS setzt sich aus Vertretern des Finanzministeriums, der Bundesbank und der Finanzaufsicht BaFin zusammen.

          Markus Frühauf
          Redakteur in der Wirtschaft.

          Kukies zeigte sich angesichts der jüngsten Entwicklungen in der Pandemie mit rückläufigen Infektionszahlen zuversichtlich: Die deutsche Wirtschaft könne im zweiten Halbjahr wieder den Stand vor Ausbruch der Krise erreichen. Es gebe zwar noch große Ungewissheit und Schwankungsbreite. „Aber das erscheint im Moment realistisch zu sein“, sagte der frühere Deutschlandchef der Investmentbank Goldman Sachs. Er wertete es als Erfolg, dass die deutschen Banken ihre Kreditversorgung trotz der schweren Rezession ausgeweitet haben.

          „Besser als in der Finanzkrise“

          „Wir sind durch die Corona-Krise besser als durch die Finanzkrise gekommen“, lautete die Botschaft des Finanzstaatssekretärs an die Steuerzahler. Dabei verwies er auch auf die Ankündigung der Deutschen Lufthansa, ihre Staatshilfen so rasch wie möglich zurückzahlen zu wollen. Kukies hob dabei die „marktgerechten Konditionen“ der Unterstützungsmaßnahmen hervor. Doch ohne warnende Worte kommt der Stabilitätsausschuss in seinem Jahresbericht nicht aus.

          „Die großen Herausforderungen für die Finanzstabilität können uns noch bevorstehen“, warnte Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch vor zu viel Übermut. Noch stehe nicht fest, ob die Verluste im Unternehmenssektor nur aufgeschoben oder vermieden worden seien. Daher empfiehlt der Ausschuss die Schaffung ausreichender Kapazitäten im Bankensektor und in der öffentlichen Verwaltung, um mit steigenden Insolvenzen und notleidenden Krediten operativ umgehen zu können. Jedoch dürften die Kapitalreserven in der deutschen Kreditwirtschaft ausreichen, um erwartete Verluste zu verkraften.

          Buch erinnerte hier an die Eigenkapitalerleichterungen, die den Banken durch die Aufsicht in der Corona-Krise eingeräumt worden seien. Diesen zusätzlichen Spielraum sollten die Banken für die Aufrechterhaltung ihrer Kreditvergabekapazität nutzen, aber nicht für Dividenden oder Aktienrückkäufe. Der für Versicherer und Pensionsfonds zuständige BaFin-Exekutivdirektor Frank Grund ermahnte die Finanzbranche, ihr Kapital im System zu halten. Die Beschränkungen für Gewinnausschüttungen könnten weiterhin nur unter strengen Vorgaben gelockert werden. Die BaFin setzt hier eine nachhaltig positive Ertragsprognose sowie ausreichende Eigenkapital- und Liquiditätspuffer voraus.

          Der Dachverband der Banken und Sparkassen, die Deutsche Kreditwirtschaft, hatte vor wenigen Wochen eine Verlängerung der in der Pandemie eingeräumten Kapitalerleichterungen gefordert. Es ist davon auszugehen, dass die Aufseher der Europäischen Zentralbank (EZB) dem offen gegenüberstehen. Doch steht die Entscheidung dazu noch aus, muss aber bis zum 27. Juni getroffen werden, weil dann die Frist der Krisenmaßnahmen endet.

          Wohnimmobilienkredite bereiten Sorgen

          Kritisch beurteilte Buch die weitere kräftige Ausweitung der Wohnimmobilienkredite. Die schon vor der Krise bestehenden Verwundbarkeiten könnten sich zum Teil weiter aufgebaut haben. Buch nannte hier als Beispiel eine mögliche Überhitzung des Immobiliensektors. „Die Preise für Wohnimmobilien steigen weiter deutlich“, sagte sie. Allerdings sei die Verschuldungsquote der Privathaushalte weiterhin nicht sehr hoch. Zudem gebe es keine Anzeichen dafür, dass die Banken ihre Kreditvergabestandards gelockert hätten.

          Grund warnte die Lebensversicherer davor, den jüngsten Zinsanstieg aufgrund der Inflationssorgen mit der Hoffnung zu verbinden, bald wieder auskömmliche Zinserträge erzielen zu können.

          Weitere Themen

          Topmeldungen

          Auf dem Weg: Ein ICE verlässt den Frankfurter Hauptbahnhof.

          Geldsegen für die Schiene : Die Bahn im Glück – und im Zugzwang

          Die Deutsche Bahn musste tief sinken, damit die Politik den Ernst ihrer Lage erkennt. Doch bald fließt das Geld, dann gibt es für Verspätungen und unzufriedene Kunden keine Ausreden mehr.
          Carbonara aus Italien? Laut einem italienischen Professor stammt das Gericht eigentlich aus Chicago.

          Italienische Traditionsküche : Kommt die Carbonara aus Amerika?

          Carbonara aus Illinois, Parmesan aus Wisconsin: Ein italienischer Professor für Geschichte der Ernährung behauptet, dass viele traditionelle italienische Speisen gar nicht aus Italien kommen. Die Aufregung ist groß.
          Eine Lehrerin schreibt in einer Grundschule in Baden-Württemberg Wörter an eine Tafel.

          Baden-Württemberg : Lehrer sollen künftig mehr arbeiten

          Die baden-württembergische Kultusministerin Theresa Schopper will mit einem Maßnahmenpaket den Lehrkräftemangel bekämpfen. Darunter wird wohl die „Work-Life-Balance“ der Lehrer leiden.

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.