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Nach Wirecard-Skandal : Banken fordern Reform der Bafin

Die Wirecard-Affäre setzt Bundesfinanzminister Olaf Scholz unter Druck: Er muss die Finanzaufsicht Bafin neu ausrichten. Bild: EPA

Die Führungskräfte der deutschen Finanzwirtschaft wollen mehr Zuständigkeiten der Finanzaufsicht. Am Finanzplatz hellt sich die Stimmung dennoch auf.

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          Die Führungskräfte der deutschen Finanzwirtschaft sind nach dem Wirecard-Skandal mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) unzufrieden. In einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage des Forschungsinstituts der Frankfurter Goethe-Universität, des Centers for Financial Studies (CFS), sehen 85 Prozent der Befragten einen Reformbedarf der Finanzaufsicht.

          Markus Frühauf
          Redakteur in der Wirtschaft.

          Bafin-Präsident Felix Hufeld steht im Mittelpunkt der Kritik der Oppositionsparteien, die seine Aussagen zu dem Wirecard-Bilanzbetrug im Finanzausschuss des Bundestags als widersprüchlich kritisieren.Unter den befragten Bankmanagern folgen aber mehr als drei Viertel den Ideen von Hufelds Dienstherr, Bundesfinanzminister Olaf Scholz, der die Kompetenzen der Bafin erweitern will. Für die Befragten steht im Vordergrund, dass alle Finanzdienstleistungen in den Zuständigkeitsbereich der Aufsicht fallen sollen.

          Das war für den Wirecard-Konzern nicht der Fall, weil ihn Bafin und Bundesbank als Technologiekonzern und nicht als Finanzdienstleister eingestuft haben, was inzwischen scharfe Kritik hervorgerufen hat. Die Bafin war nur direkt für die Tochtergesellschaft Wirecard Bank zuständig. Der angebliche Bilanzbetrug wirft auch Schatten auf die Wirtschaftsprüfer. So hat EY viele Jahre lang die Bilanzen von Wirecard geprüft, aber nicht erkannt, dass 1,9 Milliarden Euro fehlten.

          Mehr Unabhängigkeit von großen Wirtschaftsprüfern

          In der Umfrage sind 58 Prozent der Führungskräfte für den Aufbau von Prüferkapazitäten bei der Bafin, um unabhängiger von den vier großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften EY, Deloitte, KPMG und PWC zu werden. Das Bundesfinanzministerium will die Bilanzkontrolle stärker „staatlich hoheitlich“ ausrichten. Dabei wird auch geprüft, wie die Bafin eingebunden werden kann.

          Im Finanzministerium wird es kritisch gesehen, dass die großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften mit Beratungsdienstleistungen inzwischen mehr Umsatz machen als mit der Bilanzprüfung. Das kann einen Interessenkonflikt darstellen.

          Weniger eindeutig ist die Haltung der Finanzbranche in der Frage, ob die bislang auf Bafin und Bundesbank aufgeteilte Bankenaufsicht zusammengeführt werden sollte. Dafür sprechen sich 58 Prozent der Befragten aus, gut 36 Prozent halten davon nichts. Rund 70 Prozent sehen die Künstliche Intelligenz als Instrument, die Effektivität der Aufsicht zu erhöhen.

          CFS-Geschäftsführer Volker Brühl warnt davor, bei aller Aufregung über den Fall Wirecard in Aktionismus zu verfallen. Das Eindreschen auf Bafin und Bundesfinanzministerium helfe niemandem. „Erst wenn alle Fakten bekannt sind, kann man die entsprechenden Schlussfolgerungen in einem Reformpaket umsetzen“, rät Brühl. Der Sachverhalt sei noch lange nicht aufgeklärt.

          Im zweiten Quartal hat sich die Stimmung in der Finanzwirtschaft deutlich aufgehellt. Der CFS-Index stieg auf einen Wert, der Wachstum signalisiert. Es sei der stärkste Index-Anstieg seit Beginn der Messung im Jahr 2007 gewesen, teilte das CFS mit. Bedingt durch die Corona-Krise war der Index im Vorquartal so stark wie noch nie gesunken. „Die Finanzinstitute rechnen bei der Geschäftsentwicklung mit dem günstigen V-Szenario und einem milden Verlauf der Kreditausfälle“, erklärte CFS-Direktor Andreas Hackethal.

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