Immer mehr Länder betroffen : Negative Zinsen breiten sich aus
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Verlangt von Großkunden eine Guthabengebühr: Die Credit Suisse aus der Schweiz Bild: Reuters
Kein vorübergehendes Phänomen: Inzwischen haben zahlreiche Länder eine negative Rendite bei Staatsanleihen. Private Bankkunden sind davon weitestgehend nicht betroffen. Nur in der Schweiz ist die Situation speziell.
Wer geglaubt hatte, das Phänomen negativer Zinsen könne es – wenn überhaupt – nur für ganz kurze Zeit geben, wird im Augenblick eines Besseren belehrt: Die Zinssätze mit dem Minuszeichen davor breiten sich sogar aus, wie der weltgrößte Anleiheinvestor Pimco berichtet. „Es sind mehr Länder geworden, und mittlerweile ist beispielsweise auch Italien bis über ein Jahr hinaus negativ“, sagte ein Pimco-Sprecher. In der Schweiz hat sogar die Staatsanleihe mit zehn Jahren Laufzeit seit geraumer Zeit eine negative Rendite.
In Deutschland, wo die zehnjährigen Anleihen zwischenzeitlich auch schon negativ zu werden drohten (der Tiefpunkt lag bei 0,05 Prozent), sind im Augenblick praktisch alle Anleihen bis zu knapp sechs Jahren Laufzeit unter der Nulllinie. „Da die Renditeabstände zu Bunds recht eng sind, rutschen auch andere Anleihen am kurzen Ende ins Negative, etwa irische Staatsanleihen mit Fälligkeit im Oktober 2018“, sagt David Schnautz, Anleihefachmann der Commerzbank in London. Auch der Bankenzinssatz Eonia hält sich weiterhin im negativen Bereich.
Bankkunden wurden wenig belastet
Die von manchen befürchteten negativen Zinsen für private Bankkunden sind allerdings bislang weitgehend ausgeblieben. Die Deutsche Skatbank hatte negative Zinsen von 0,25 Prozent auf dem Tagesgeldkonto auch für Privatkunden eingeführt, allerdings nur für Einlagen von mehr als 500.000 Euro. Andere deutsche Banken nehmen ähnliche Gebühren von Firmenkunden. Mehrere Kreditinstitute, darunter Sparda-Banken, aber auch Sparkassen, hatten die Erhöhung diverser Gebühren mit den negativen Zinsen der Europäischen Zentralbank begründet.
Eine besondere Situation gibt es in der Schweiz. Parallel zur Aufgabe des Mindestkurses von 1,20 Franken je Euro im Januar hatte die Schweizerische Nationalbank ihre Leitzinsen auf minus 0,25 bis minus 1,25 Prozent gesenkt, der Zinssatz für Einlagen von Banken liegt bei minus 0,75 Prozent. Nationalbank-Präsident Thomas Jordan hatte vor einigen Wochen gesagt, er sehe noch Spielraum, der Einlagensatz habe noch nicht den absoluten Boden erreicht. Das nährte Spekulationen, die Zinsen in der Schweiz könnten künftig sogar noch stärker negativ werden.
Die Banken in der Schweiz geben diese negativen Zinsen wohl nur zu einem kleinen Teil an Kunden weiter. „Einzelne Banken geben die Negativzinsen an Großkunden weiter, Retailkunden sind davon jedoch nicht betroffen“, sagte eine Sprecherin der Bankiersvereinigung. Die Credit Suisse bestätigte, von institutionellen Kunden und großen Firmenkunden eine Guthabengebühr zu verlangen, auch die Migros Bank gab an, „dem Branchentrend folgend“ eine solche Gebühr zu erheben. Die Privatbank Lombard Odier hatte eine Gebühr von 0,75 Prozent für nicht in Wertpapiere investierte Einlagen ab 100.000 Franken auch für Privatanleger eingeführt – davon sollen allerdings nur wenige Kunden betroffen sein. Manager von Versicherungen und Pensionskassen hatten vor einiger Zeit empört berichtet, die UBS habe ihre Guthabengebühr von 0,75 auf 3 Prozent erhöht. Die UBS hatte daraufhin mitgeteilt, eine solche Regelung gelte keineswegs flächendeckend: „Grundsätzlich wird bei Pensionskassen-Kunden die Guthabengebühr zu Marktkonditionen erhoben, diese könnte nur in wenigen Einzelfällen bei außerordentlich hohen Cash-Beständen darüber liegen.“