Folgen der Geldpolitik : Angriff auf das Vermögen
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Die Rechnung geht so: Im Durchschnitt verlieren die Sparer mit Tagesgeldkonten, Girokonten und Ersparnissen in bar bei einer Inflationsrate von 1,6 Prozent jedes Jahr 1,35 Prozent, sagt Deka-Ökonom Kater. Bei einem Geldvermögen von 1,06 Billionen Euro in diesen Anlageformen kommt man auf Verluste der Sparer in Höhe von 14,3 Milliarden Euro oder rund 0,5 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts in jedem Jahr. Wenn man das Bargeld nicht mitrechnet, weil man bei ihm durch die Inflation immer verliert, sind es immerhin noch mehr als 10 Milliarden Euro im Jahr. Je länger aber diese Phase dauert, desto größere Teile des Geldvermögens werden erfasst. Immer mehr alte Anleihen und Sparverträge, die noch mehr Zinsen abwerfen, laufen aus. Und die neuen Anlagen bringen weniger Zinsen ein. Wenn irgendwann das gesamte Geldvermögen in Deutschland ohne Aktien und direkte Beteiligungen mit einem negativen Realzins von 1,35 Prozent belastet wird, verlieren die deutschen Sparer sogar 58 Milliarden Euro im Jahr.
Wie können sich Anleger wehren?
Aus diesen Schätzungen für Deutschland lässt sich zumindest annäherungsweise auch die Größenordnung für die weltweiten Verluste der Sparer ableiten. Zwar ist das Anlageverhalten in den verschiedenen Ländern unterschiedlich, so ist in Amerika der Aktienbesitz von Privathaushalten deutlich größer als in Deutschland. Wenn man aber die Verluste der Sparer in Deutschland hochrechnet auf alle betroffenen Länder und dabei die Größenordnung der jeweiligen Volkswirtschaften berücksichtigt, sind weltweite Verluste der Sparer von mehr als 100 Milliarden Euro eine eher konservative Rechnung. Schwellenländer, in denen es das Phänomen auch gibt, sind dabei noch gar nicht berücksichtigt, auch nicht längerfristige Anlagen und Versicherungsprodukte. Ob Staaten sich langfristig gezielt entschulden können, indem sie ihre Notenbanken drängen, bei niedrigen Zinsen immer mehr Inflation zuzulassen, ist unter Ökonomen umstritten. Sicher ist hingegen, dass im Augenblick die Staaten von den künstlich gedrückten Zinsen profitieren.
Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, hat einmal ausgerechnet, wie viel allein der deutsche Staat dadurch gespart hat, dass zwischen den Jahren 2009 und 2012 das Zinsniveau deutlich niedriger war als zwischen den Jahren 2000 und 2008. Er kommt auf Einsparungen von rund 62 Milliarden Euro.
Wie können sich Anleger gegen diesen Angriff aufs Vermögen wehren? Zunächst einmal muss man festhalten, dass viele wohl noch gar nicht ahnen, wie tiefgreifend die Niedrigzinsphase alles verändern wird, wenn sie andauert. Altersvorsorge, Lebensversicherung, berufständische Vorsorge: Das alles ist über kurz oder lang betroffen. Wenn alle risikoarmen Anlagen zu (realen) Verlusten führen, können Anleger natürlich riskantere wählen: Aktien etwa bieten Schutz gegen negative Realzinsen - sind aber vor Kurseinbrüchen nicht gefeit, wie die vergangene Woche wieder gezeigt hat.
Immobilien bieten auch einen gewissen Schutz, sind aber schon teuer und können an Wert verlieren. Noch gibt es auch Unternehmensanleihen, die mehr Zinsen bieten als die Inflation - aber immer auch das Risiko eines Totalausfalls des Anlagebetrags bergen.