Bundesbank : Neuer Rekordwert im Target-System
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Target-Salden gelten als Krisenbarometer. Bild: EPA
Die deutschen Target-Forderungen an den Euroraum sind auf fast 850 Milliarden Euro gestiegen. Das liegt wohl auch an der Politik der Europäischen Zentralbank.
Die Ungleichgewichte im Zahlungssystem der europäischen Notenbanken – dem sogenannten Target-System – steigen weiter und erreichen neue Rekordwerte. Der deutsche Target-Saldo ist Ende April auf 843 Milliarden Euro gewachsen, teilte die Bundesbank mit. Dies war ein Anstieg um rund 24 Milliarden Euro zum Vormonat. In der Bundesbank wird erwartet, dass der Target-Saldo im Verlauf des Jahres die Billionen-Grenze erreichen könne.
Umgekehrt verzeichnen die südeuropäischen Euro-Länder wie Italien und Spanien Rekord-Minuswerte. Italiens Negativ-Saldo ist Ende März auf 420 Milliarden Euro gestiegen, Spaniens Negativ-Saldo betrug nach den jüngsten verfügbaren Daten 375 Milliarden Euro.
Schleichende Kapitalverlagerung?
Über Target werden grenzüberschreitende Zahlungen zwischen den Notenbanken des Eurosystems abgewickelt. Grob gesagt hat ein Land eine steigende Target-Verbindlichkeit, wenn Geld aus dem Land abfließt, und die Target-Forderungen steigen, wenn Zentralbankgeld zufließt. In der Euro-Krise galt Target als Krisenbarometer, das Leistungsbilanzungleichgewichte und Kapitalflucht anzeigte. Der langjährige Ifo-Chef Hans-Werner Sinn sprach von einer „goldenen Kreditkarte“ für die Krisenländer, die praktisch unbegrenzt Kredit von der Bundesbank erhielten.
Beim aktuellen Anstieg der Target-Salden verweisen die Notenbanker als Erklärung auf das Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank. Der Zusammenhang ist recht kompliziert. Als Beispiel wird der Fall genannt, wenn die Bundesbank im Auftrag der Banca d’Italia italienische Staatspapiere von einer ausländischen Bank kauft, die ein Konto bei der Bundesbank unterhält.
Auf dieses Konto wird das Geld gebucht, der Bundesbank-Target-Saldo steigt, wenn die Banca d’Italia ihr das Zentralbankgeld überweist. Einige Ökonomen wie der heutige Ifo-Chef Clemens Fuest sehen aber eine schleichende Kapitalverlagerung aus Südeuropa, weil die Banken das neu geschaffene Zentralbankgeld nicht mehr in den südeuropäischen Ländern anlegen wollen.