Billiges Geld : Lockere Geldpolitik lässt Anleger aufatmen
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Bestimmen die Märkte: Bernanke (links) und Draghi Bild: dapd
Die Börsenkurse steigen, weil die Notenbanken an der Politik des billigen Geldes festhalten. Zweifel ruft die Fed hervor: Viele Analysten erwarten, dass die Notenbank die Anleihekäufe bald verringert.
Die Anleger haben am Donnerstag mit Erleichterung darauf reagiert, dass die amerikanische Notenbank Federal Reserve (Fed) und die Europäische Zentralbank (EZB) ihre sehr lockere Geldpolitik fortsetzen werden. Der deutsche Aktienindex Dax schloss mit 1,63 Prozent und 8410 Punkten im Plus. In New York stieg der S&P-500-Index im frühen Geschäft erstmals in der Geschichte über die Marke von 1700 Punkten und lag nachmittags knapp darüber. EZB-Präsident Mario Draghi bekräftigte nach der Ratssitzung, dass die Zinsen für längere Zeit niedrig blieben und ausreichend Liquidität bereitgestellt werde.

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Redakteur in der Wirtschaft.
Am Anleihemarkt gewann der Kurs der zehnjährigen Bundesanleihe, doch der damit verbundene Renditerückgang von 1,67 auf 1,64 Prozent fiel gering aus. Seitdem die amerikanische Fed im Mai angedeutet hat, dass sie ihre Anleihekäufe drosseln könnte, sind die Renditen der Staatsanleihen deutlich gestiegen. Die Rendite der Bundesanleihe liegt noch immer deutlich näher an ihrem Zwölfmonatshoch von 1,81 Prozent als am -tief von 1,17 Prozent.
Analysten erwarten schrittweise Rücknahmen im Herbst
Nach der Sitzung der amerikanischen Notenbank am Mittwoch halten Analysten und Volkswirte an der Erwartung fest, dass die Fed im Herbst mit der schrittweisen Rücknahme ihrer Anleihekäufe beginnen werde. Die Erklärung des Offenmarktausschusses wurde allgemein ein wenig schwächer als zuvor eingestuft, nachdem die Fed das Wachstum nur noch als bescheiden beschrieben und auf die Risiken einer zu niedrigen Inflation aufmerksam gemacht hatte.
Viele Analysten erwarten indes weiter, dass die Notenbank schon auf der nächsten Sitzung im September beginnen werde, die Anleihekäufe zu verringern. Die Fed hatte den faktischen Nullzins und die Anleihekäufe von 85 Milliarden Dollar im Monat bestätigt. Der Offenmarktausschuss gab kein explizites Signal für einen schrittweisen Ausstieg. Amerika-Volkswirt Harm Bandholz von Unicredit wertete das als „eine weitere Episode in der mangelhaften Kommunikation“, weil der Fed-Vorsitzende Ben Bernanke schon zuvor eine Verringerung der Käufe vor Jahresende in Aussicht gestellt hatte. Bandholz aber erwartet unverändert, dass der Ausstieg im September beginnen werde.
Unklar ist, wie ernst die Warnung zu interpretieren ist
“Die Fed ist auf dem Weg, im September die Anleihekäufe zu verringern“, erklärte Vincent Reinhart, Amerika-Chefvolkswirt von Morgan Stanley. Die Ökonomen der kanadischen TD Bank sehen die Chancen dafür nur „marginal verkleinert“. Die Goldman-Sachs-Volkswirte betonten, der Einstieg in den Ausstieg aus der quantitativen Lockerung hänge wie zuvor von der weiteren Wirtschaftsentwicklung ab. Im ersten Halbjahr war die amerikanische Wirtschaft um 1,4 Prozent gewachsen. Für den Rest des Jahres wird eine Beschleunigung erwartet. Der Dollar wurde nach der Erklärung der Fed zeitweise schwächer gehandelt. Am Donnerstag kletterte der Euro zeitweilig über die Marke von 1,33 Dollar.
Die zehnjährige Rendite amerikanischer Staatsanleihen ging leicht auf 2,6 Prozent zurück. Unklar ist, wie ernst die Warnung der Fed vor einer zu niedrigen Inflation zu interpretieren ist. Der Offenmarktausschuss hatte betont, dass eine Inflation, die dauerhaft unter dem mittelfristigen Ziel der Fed von 2 Prozent liege, das Wachstum belasten könne. In den ersten beiden Quartalen war die Teuerung, gemessen an der von der Fed bevorzugten Kernrate des Preisindex der persönlichen Ausgaben, von 1,5 auf 1,2 Prozent gesunken. Zugleich aber erwartet die Fed, dass die Inflationsrate auf mittlere Sicht wieder steigen werde.
Auch seien die Inflationserwartungen stabil. Ökonomen wie Reinhart oder Bandholz sehen in dem Hinweis ein Indiz, dass die Fed darüber berate, die Leitlinien für die künftige Geldpolitik, die sogenannte „forward guidance“, hinsichtlich der Inflationsrate auch nach unten abzugrenzen. Derzeit bindet sie die Abkehr von der Nullzinspolitik auf der Inflationsseite daran, dass die mittelfristig erwartete Inflationsrate nicht über 2,5 Prozent steigt.
Auf jeden Fall holte der Offenmarktausschuss mit dem Verweis auf die niedrige Inflation den regionalen Fed-Präsidenten von St. Louis, James Bullard, wieder mit ins Boot. Dieser hatte im Juni aus Sorge um die niedrige Inflation die damalige Erklärung nicht mitgetragen, stimmte nun aber mit der Mehrheit. Einzige Abweichlerin bleibt Esther George, die Fed-Präsidentin von Kansas City. Sie warnte vor den Risiken der expansiven Geldpolitik für die Finanz- und Preisniveaustabilität.
Den Leitzins im Euroraum unverändert auf 0,5 Prozent zu belassen, beschloss der EZB-Rat nach Angaben von Draghi einstimmig. Auf der vorangegangenen Sitzung gab es noch Streit, weil die Vertreter der Notenbanken aus den nördlichen Euroländern, darunter Bundesbankpräsident Jens Weidmann, eine weitere Senkung auf 0,25 Prozent abgelehnt hatten.