Prognose 2017 : Weiter niedrige Zinsen für Sparer – wieder höhere für Hausbauer
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Hoch oben in den Banktürmen: Die Analysten haben den Blick in die Glaskugel gewagt. Bild: plainpicture/PM
Im neuen Jahr wird die Zinswende spürbar. Die Banken rechnen damit, dass sich die Zinsen in Deutschland mehr als verdreifachen. Im Vorjahr hatten sie den Anstieg allerdings überschätzt.
Nicht nur in Amerika, auch in Deutschland dürften die Zinsen im neuen Jahr steigen. In einer Umfrage der F.A.Z. unter 25 Banken, Vermögensverwaltern und Versicherungen prognostizierte die große Mehrheit für das Jahr 2017 einen spürbaren Anstieg der Kapitalmarktzinsen. In Amerika dürfte die Rendite von Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit bis zum Jahresende bei 2,68 Prozent stehen, meinten die Analysten im Schnitt. Viele sehen sie sogar bei 3 Prozent und mehr. Aktuell steht sie bei 2,48 Prozent.
In Deutschland werde sich die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen im selben Zeitraum von 0,18 auf 0,66 Prozent mehr als verdreifachen, sagen die Banken vorher. Der Anstieg in Deutschland wäre damit also, wenn auch von niedrigerem Niveau aus, proportional sogar stärker als in Amerika. Die Allianz und die Société Générale sehen die Bundesanleihen-Rendite zum Jahresende sogar bei 1 Prozent.
Vieles spricht dabei dafür, dass die sogenannte Zinsstrukturkurve 2017 steiler wird. Das bedeutet, vor allem die langfristigen Zinsen steigen. Die kurzfristigen Zinsen, die sich enger an den Leitzinsen orientieren, bleiben niedriger.
Für Verbraucher würde das bedeuten: Die Zinsen für Baudarlehen, die sich recht eng an den Kapitalmarktzinsen orientieren, würde im neuen Jahr wieder etwas höher ausfallen. Aktuell liegen sie im Schnitt bei 1,35 Prozent für eine Zinsbindung von zehn Jahren. Die Zinsen für Sparguthaben und Tagesgeld, die sich stärker an den Leitzinsen orientieren, dürften weiter niedrig bleiben. Schließlich hat die Europäische Zentralbank (EZB) bisher noch nicht erkennen lassen, dass sie an Zinserhöhungen denkt.
Im einzelnen haben die Banken dabei recht unterschiedliche Vorstellungen davon, wie es mit den Zinsen im nächsten Jahr weitergeht. So rechnet das Bankhaus HSBC Trinkaus & Burkhardt damit, dass am Jahresende 2017 auch die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen noch negativ sein und minus 0,2 Prozent betragen könnte. Das war die tiefste Einschätzung.
Die übrigen Banken rechnen mit einer positiven Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe. Die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), die in den vergangenen Jahren oft ganz erfolgreich mit Prognosen war, liegt diesmal eher am unteren Ende der Zinsprognosen: Sie rechnet nur mit 0,5 Prozent Rendite für die zehnjährige Bundesanleihen zum Jahresende 2017. Für die zweijährige rechnet sie, wie alle anderen befragten Institute auch, sogar weiter mit einer negativen Rendite: minus 0,45 Prozent sagt die Helaba vorher, minus 0,6 Prozent die Deutsche Bank.
Auffällig ist, dass die meisten Banken im vorigen Jahr das Tempo der Zinserhöhungen überschätzt hatten. Man könnte auch sagen: Die Niedrigzinsphase hält sich auf der ganzen Welt deutlich hartnäckiger, als die Analysten zuvor angenommen hatten. Für die zehnjährige Bundesanleihe hatten sie sogar im Durchschnitt schon wieder mit fast 1 Prozent gerechnet, und für Amerika waren ihre Prognosen für das zu Ende gehende Jahr sogar höher gewesen, als sie es jetzt für das neue Jahr sind.
Skeptiker haben recht behalten
„Nahezu alle Beobachter haben vor einem Jahr das Tempo des Zinsanstiegs überschätzt“, sagt Holger Schmieding, der Chefvolkswirt des Bankhauses Berenberg. Vor einem Jahr habe der Markt mit drei Zinsschritten der amerikanischen Notenbank Fed von jeweils 25 Basispunkten für 2016 gerechnet. „Mehr als ein später Schritt im Dezember ist es dann nicht geworden“, sagt Schmieding. Der Hauptgrund: Die Fed habe sich angesichts – übertriebener – Sorgen um China und anderer Schwellenländer sowie einiger kurzzeitig etwas schwächerer amerikanischer Wachstumszahlen lange zurückgehalten.
„Der Brexit-Beschluss dagegen hat nur einen kurzen Einfluss auf das Welt-Zinsniveau ausgeübt“, meint Schmieding, „während die sachlich weit überzogene Deflationsangst wohl einen größeren Effekt gehabt hat.“ Insgesamt trügen politische Unsicherheiten etwas zur zurückhaltenen Investitionstätigkeit in der westlichen Welt bei. Dies drücke sich auch in einer geringen Kreditnachfrage und deshalb einem niedrigen Zinsniveau aus: „Allerdings dürfte der Fed-Effekt im Jahr 2016 eine größere Rolle gespielt haben.“
Wenn man vergleicht, welche Banken im vorigen Jahr mit ihren Prognosen ganz gut waren, dann haben vor allem Skeptiker gegenüber der Zinsentwicklung recht behalten. Die Citigroup beispielsweise hatte zum Jahresende 2016 eine Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe von 0,4 Prozent vorhergesagt, die französische Bank BNP Paribas hatte auf 0,5 Prozent getippt. Damit stellten sie in unserer Umfrage vor einem Jahr Ausreißer nach unter dar. Trotzdem lagen sie dann doch weit über jenen 0,18 Prozent, die zuletzt für die Bundesanleihe notiert wurden.