Anleger überrascht : Fed-Zinssenkung sorgt für schwankende Kurse
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Besorgter Blick: ein Broker an der Wall Street Bild: AFP
Der Zinsentscheid der amerikanischen Notenbank soll gegen die Verunsicherung angesichts der Corona-Krise wirken, sorgt aber zunächst für Orientierungslosigkeit bei Investoren.
Die überraschende Entscheidung der amerikanischen Notenbank Fed für niedrigere Zinsen sorgte am Dienstag für ein Auf und Ab an der Wall Street. Der S&P 500 reagierte unmittelbar nach der Entscheidung erst mit einem deutlichen Anstieg von 1,5 Prozent, pendelte sich dann aber auf einem bescheidenen Plus von nur 0,3 Prozent ein. Der Dow Jones fiel sogar um 0,9 Prozent. Etwas deutlicher viel der Anstieg des Technologieindex Nasdaq mit 0,5 Prozent aus. Dagegen stieg die Nachfrage nach amerikanischen Staatsanleihen deutlich, die Renditen fielen auf Rekordtiefs.
Zur Eröffnung des Handels hatten die amerikanischen Börsen enttäuscht reagiert, weil die Hoffnung auf Konjunkturhilfen durch die sieben größten Industriestaaten, zu denen auch Amerika gehört, sich nicht erfüllte. Die überraschende Intervention der Fed mag von Anlegern als Signal verstanden worden sein, dass die durch das Coronavirus entstandene Krise sogar noch gravierender ausfallen könnte als bisher. Aus Sicht von Subadra Rajapa von der Bank Société Générale erweisen sich Fed-Zinssenkungen in Situationen wie dieser mit einem Schock sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite meist unwirksam.
Fortsetzung des Ausverkaufs
Auch die Analysten der Deutschen Bank gehen wegen der Corona-Krise von einer Fortsetzung des Ausverkaufs an den Börsen aus. „Wir sehen den Aktienmarkt 20 bis 30 Prozent fallen“, schrieben die Fachleute in einem vor der Zinssenkung veröffentlichten Bericht. Als Beispiel nennen sie den amerikanischen Börsenindex S&P 500, der demnach von aktuell knapp 3100 Punkten auf 2700 Punkte sinken könnte. Der S&P 500 enthält die 500 größten börsennotierten amerikanischen Unternehmen und hatte sich am Montag mit einem historischen Tagesplus von seinem Einbruch erholt.
Viele Anleger fragen sich nun, bei welchem Indexstand sie wieder investieren sollten. Laut den Deutsche-Bank-Analysten sollten sie sich darüber im Klaren sein, dass der Ausverkauf nach dem Schrecken über die internationale Ausbreitung des Coronavirus erst eine Woche gedauert habe. In der Vergangenheit hätten Schwächephasen nach vergleichbaren Krisenereignissen jedoch sechs bis sieben Wochen angehalten. Der S&P 500 habe in solchen Situationen seine Verluste erst nach vier bis fünf Monaten wieder wettgemacht. Eine Bodenbildung des S&P 500 sei nun wohl erst im Verlauf des zweiten Quartals zu erwarten. Während dieser Zeit würden auch die Renditen von Anleihen historisch niedrig bleiben.
Der Ausbruch des Coronavirus in China entwickelt sich nach Darstellung der Deutschen Bank zu einer globalen Pandemie. Wirtschaftsdaten aus China deuteten auf gravierende Auswirkungen hin. Die jüngsten Umfragen unter den Einkaufsmanagern chinesischer Unternehmen deuteten auf einen Rekordeinbruch der Produktion im ersten Quartal hin.
Ähnliche Auswirkungen könnten in den kommenden Monaten auch auf der ganzen Welt zu beobachten sein. Um die Folgen der aktuellen Krise einzuschätzen, haben sich die Analysten der Deutschen Bank zum Teil an der Sars-Krise aus dem Jahr 2003 orientiert. Dabei handelte es sich ebenfalls um eine Lungenkrankheit mit Ursprung in China, die sich allerdings weniger stark ausbreitete.