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Altersvorsorge : Zinswende nützt Pensionswerken der Dax-Konzerne

Wer fit bleibt, hat länger etwas von seiner Pension Bild: dpa

Die gestiegenen Marktzinsen haben erhebliche Wirkungen auf die Pensionswerke der Dax-Konzerne gehabt.

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          Die gestiegenen Marktzinsen haben erhebliche Wirkungen auf die Pensionswerke der Dax-Konzerne gehabt. In der Summe war der Effekt positiv, denn der Ausfinanzierungsgrad der Vermögen stieg auf einen Höchstwert von 80 Prozent, wie eine Bilanzanalyse der Beratung Willis Towers Watson (WTW) zeigt. Das bedeutet, dass zum Zeitpunkt der Bilanzierung vier Fünftel der Verpflichtungen gegenüber Betriebsrentnern durch ein eigens dafür gebildetes Vermögen unterlegt waren.

          Philipp Krohn
          Redakteur in der Wirtschaft, zuständig für „Menschen und Wirtschaft“.

          Somit hatte der positive Effekt des gestiegenen Zinses auf den Rechnungszins, mit dem diese Verpflichtungen errechnet werden, eine stärkere Wirkung als die gefallenen Kurse für Anleihen und Aktien seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Außer einer Zinsänderung hätten auch neue Sterblichkeitsdaten einen großen Effekt auf die Verpflichtungen haben können. „Wie sich die Sterblichkeit durch Long Covid verändert, ist aber noch nicht klar und kein Anlass für neue Tafeln. Diese werden in größeren Zeitabständen angepasst“, sagt Hanne Borst, Leiterin Retirement bei WTW. Die Inflation und die Zinsänderung waren spürbar. „Aber die langfristige Erwartung ist geringer.“

          Traditionell gibt es sehr unterschiedliche Philosophien, wie stark die Pensionsansprüche durch eigenes Vermögen ausfinanziert sein sollten. In anderen Ländern wie den USA und Großbritannien sind die Unternehmen dazu angehalten. Das war ein Grund für die Turbulenzen um britische Pensionsfonds im vergangenen Herbst, als Ankündigungen einer Steuerreform der damaligen Ministerpräsidentin Liz Truss Absicherungsgeschäfte verteuerten. Über einen Kaskadeneffekt hätte das beinahe Pensionsfonds in den Abgrund gerissen, wogegen aber die britische Notenbank einschritt.

          In Deutschland zählen Finanzdienstleister zu den Konzernen, die stärker ausfinanzieren. Durch den starken Effekt auf den Rechnungszins hat die Deutsche Bank aktuell sogar zu viel Planvermögen, wie die Grafik zeigt. Auch BMW hat auf Basis des aktuellen Geschäftsberichts einen Ausfinanzierungsgrad von mehr als 100 Prozent. Doch der Vergleich mit anderen Dax-Konzernen zeigt, dass die Strenge der angelsächsischen Systeme trotz einer Angleichung gegenüber den USA und Großbritannien hierzulande noch keine flächendeckende vollständige Ausfinanzierung gebracht hat.

          „Unternehmen, die erst noch im Aufbau ihrer Pensionsvermögen sind, wählen typischerweise etwas renditeorientiertere Assetallokationen im Vergleich zum typischen Pensionsvermögen“, sagt Johannes Heiniz, Leiter General Consulting Retirement von WTW. „Sie suchen primär Anlageformen mit vergleichsweise hohen Ertragschancen.“ Das verweist auf die Veränderungen in den Anlageportfolien der Dax-Konzerne, die sich im vergangenen Jahrzehnt sukzessive verschoben haben. Aktien liegen in einem Korridor von einem Fünftel bis einem Viertel. Der Anteil von Anleihen fällt – zugunsten weiterer Kapitalanlagen, zu denen Beteiligungen und Infrastruktur zählen. Der sprunghafte Anstieg dieses Investments im vergangenen Jahr lag allerdings am (Kurs-)Wertverlust der anderen Anlageformen.

          Die Mitarbeiter der Konzerne könnten sich aktuell auf die Verantwortlichen verlassen, resümiert WTW. „Wir sehen die Dax-Pensionswerke sehr gut aufgestellt“, sagt Heiniz. In turbulenten Zeiten hätten sie sich als stabil erwiesen. „Große deutsche Unternehmen haben verstanden, wie man effektiv Portfolien managt.“ Der Rückgang des Planvermögens um 18 Prozent auf 245 Milliarden Euro sei zwar erheblich. Die Pensionsverpflichtungen reduzierten sich aber im selben Atemzug um ein Viertel auf 308 Milliarden Euro, was die hohe Ausfinanzierung bewirkte.

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