Hohe Aktienkurse : Zalando-Eigner machen Kasse vor Ende der Frist
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Die Samwer-Brüder wollen sich einen Teil der hohen Gewinne sichern - und verkaufen Zalando-Aktienpakete in dreistelliger Millionenhöhe vor Ende der Haltefrist. Bild: dpa
Die Aktienkurse mancher Unternehmen sind derzeit so gut, dass Anteilseigner sie flugs in Gewinne ummünzen wollen - zur Not auch schneller als versprochen. Zalando verbessert seine Aufstiegschancen in den M-Dax.
Wenige Wochen vor Ablauf einer selbst gesetzten Haltefrist haben mehrere Anteilseigner des Online-Modehändlers Zalando Aktienpakete in dreistelliger Millionenhöhe veräußert. Zu den Verkäufern gehörten unter anderen der von den Brüdern Oliver, Marc und Alexander Samwer kontrollierte Fonds Global Founders und ihre Holding Rocket Internet. Auch der Finanzvorstand des Berliner Unternehmens, Rubin Ritter, hat gut 5 Prozent seiner Optionsrechte gezogen und damit Kasse gemacht.
Insgesamt haben die Anteilseigner 17,9 Millionen Zalando-Aktien an institutionelle Anleger veräußert, zu einem Stückpreis von 23,75 Euro, wie das Unternehmen mitteilte. Der Preis lag rund 10 Prozent über dem beim Börsengang im Oktober festgelegten Emissionskurs von 21,50 Euro. Gegenüber dem Börsenkurs der vergangenen Tage von gut 26 Euro nahmen die Großaktionäre allerdings einen Abschlag in Kauf. Finanzvorstand Ritter dürfte indes weit höhere Kursgewinne verbucht haben, weil er Aktienoptionen der ersten Stunde gezogen haben soll, die er dereinst für 5 Euro das Stück erhalten hatte.
Durch den Verkauf der Aktienpakete erhöht sich der Streubesitz, und damit steigen auch die Chancen, dass der Wert demnächst in den M-Dax aufsteigen könnte. Zum Börsengang hatten die Eigner nur 10 Prozent der Aktien in den freien Börsenhandel gegeben, der Löwenanteil verblieb bei wenigen Großaktionären. Nach Berechnungen der Commerzbank-Analystin Petra von Kerssenbrock dürfte der Streubesitzanteil durch die nun bekanntgegebene Plazierung auf mindestens 17,5 Prozent steigen, was einem Wert von gut 1 Milliarde Euro entspräche. Zalando würde damit von der Gewichtung her in die Spitzengruppe des S-Dax aufrücken. Wenn demnächst Tui durch die Fusion mit Tui Fly aus dem M-Dax ausscheidet, könnte die Marktkapitalisierung von Zalando für den unter dem Dax angesiedelten Aktienindex reichen. Nach Angaben des größten Zalando-Aktionärs, des schwedischen Investors Kinnevik, wird der Streubesitz am Ende der Transaktion sogar 25 Prozent ausmachen.
Bei den hohen Kursen ist die Verlockung groß
Vorerst stürzte der Aktienkurs in Folge der Nachrichten aber regelrecht ab. Nachdem sie in den vergangenen Wochen ordentliche Zugewinne verbucht hatten, verloren die Papiere von Zalando innerhalb von zwei Tagen mehr als 10 Prozent an Wert. Ein Grund dürfte sein, dass sich die Aktionäre nicht an die versprochene Haltefrist gehalten haben. Als das Unternehmen im Oktober an die Börse ging, hatten die Großaktionäre versprochen, bis Ende März keine Aktien zu veräußern. Das sollte das Vertrauen in das junge Unternehmen vergrößern. Mit der überraschenden Aufhebung dieser Vereinbarung wollten die Eigner offenbar Kasse machen, bevor andere Aktionäre das kurz vor dem ursprünglich genannten Termin tun. Jürgen Kolb, Analyst bei Kepler Cheuvreux, nannte den Schritt „kein ideales Signal“. Ein solches Vorgehen könne vor allem bei Börsenneulingen das Vertrauen in das Management schädigen.
Allerdings ist offenbar bei mehreren Investoren derzeit die Verlockung groß, die guten Aktienkurse in Gewinne umzumünzen. Was man hat, das hat man. So hat im Februar der Finanzinvestor Permira überraschend mehr als 12 Millionen Aktien des Modekonzerns Hugo Boss veräußert, obwohl er noch im Dezember gesagt hatte, in den nächsten drei Monaten keine Aktien mehr verkaufen zu wollen. Auch dort war der Kurs auf den Wortbruch hin steil nach unten gegangen und verlor am ersten Tag nach der Bekanntgabe mehr als 5 Prozent. Allerdings hat er sich auch bald wieder gefangen und liegt heute bei knapp 118 Euro höher als vor dem Verkauf. Analyst Kolb sagte mit Blick auf die ähnlich gelagerten Fälle, das sei offenbar die „neue Normalität“.
Gleichzeitig mit den vorzeitigen Verkäufen durch einige Aktionäre gab eine Reihe anderer Zalando-Eigentümer eine Verlängerung ihrer geltenden Haltefrist bis zum 28. Juni 2015 bekannt. Die Investmentgesellschaft Kinnevik betonte, dass sie keine ihrer Aktien veräußert habe und nach wie vor 32 Prozent des Unternehmens halte. Insgesamt gilt die verlängerte Haltefrist für etwa 64 Prozent des Grundkapitals.
Bei Zalando sind viele Händler zuversichtlich, dass sich der Kurs vom Absturz der vergangenen zwei Tage bald wieder erholen wird. Nach Ansicht von Analyst Kolb entwickelt sich das operative Geschäft des Modehändlers weiter gut. Erst vorige Woche konnte Finanzvorstand Ritter für 2014 zum ersten Mal einen Gewinn präsentieren. Der schon zuletzt kräftig gewachsene Umsatz von 2,2 Milliarden Euro soll in diesem Jahr noch einmal um 20 bis 25 Prozent steigen.