Tschechien : Gehen an der Börse Prag bald die Lichter aus?
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Prag: großes Interesse bei Touristen - geringes bei Anlegern Bild: dpa
Kleine Börsen - große Sorgen. Der Prager Börse gehen die Aktien aus und Broker wandern ab.
Auf dem Börsenparkett von Prag wird es immer ruhiger. Dort werden mittlerweile nur noch sechs Aktien aktiv gehandelt. Die Zahl der Börsen notierten Gesellschaften ist von über 2.000 vor sieben Jahren auf gerade noch 93 gesunken.
Jüngster Fall ist Ceska Sporitelna AS. Nach der Übernahme der zweitgrößten tschechischen Bank durch die österreichische Erste Bank wird der Titel vom Kurszettel der Börse entfernt. Dafür hatten sich die Aktionäre am Mittwoch ausgesprochen. Die Erste Bank und deren größter Anteilseigner kontrollieren mittlerweile über 90 Prozent der Stimmrechte.
Ausverkauf hält an
Und der Ausverkauf hält an. "Die Aussichten sind schon ziemlich schlecht", gibt Martin Skaroupka, Analyst bei Conseq Finance AS in Prag, zu. Börsenneulinge sind nicht in Sicht. "Selbst wenn ein oder zwei neue Unternehmen den Sprung aufs Parkett schaffen, würde das kaum was bringen."
Da waren andere schon cleverer. Um Unternehmen und Investoren bei der Stange zu halten, haben sich einige europäische Börsenplätze zusammengeschlossen. Kopenhagen und Stockholm fusionierten zur Nordic Exchanges A/S. Aus den Börsen Paris, Brüssel und Amsterdam wurde Euronext NV.
Auf regionale Bande setzt in diesem Zusammenhang auch Andreas Treichl als Vorstandsvorsitzender der Erste Bank. Allianzen sollen das Wachstum der Kapitalmärkte in Mitteleuropa sicherstellen. "Es wäre sinnvoll, die mitteleuropäischen Börsen unter einen Hut zu bringen." Bis Jahresende sollen die Aktien der Erste Bank in Prag gelistet werden, um das Handelsvolumen anzukurbeln. "Das ist kein Rettungsversuch, aber für Anleger die Möglichkeit, in ein Unternehmen zu investieren, das vor Ort vertreten ist", erklärt Treichl.
Broker und Marketmaker verabschieden sich
Nach der Übernahme durch internationale Wettbewerber sind die Aktien der Brauerei Plzensky Prazdroj AS, des Bauunternehmens IPS Skanska AS und des Schokoladenherstellers Cokoladovny AS vom Kurszettel der Börse Prag verschwunden. Ein ähnliches Schicksal droht Ceske Radiokomunikace AS. Analysten gehen davon aus, dass die ausländischen Anteilseigner den Radio- und TV-Sender aufspalten werden.
Das Interesse am tschechischen Markt ist dermaßen schwach, dass sich schon einige Broker und Market Maker von Prag verabschiedet haben. Komercni Banka, Cesky Telecom AS und der Stromversorger CEZ AS sind mittlerweile die einzigen "liquiden und für internationale Investoren transparenten" Aktien, stellt Jiri Soustruznik, Analyst bei Patria Finance AS in Prag, fest. "Das Problem liegt also nicht auf der Käufer-, sondern auf der Angebotsseite."