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Währungsabsturz : Rubel-Verfall belastet Aktienkurse

Währungsabsturz in Zahlen: Schild an einer Moskauer Wechselstube Bild: Reuters

Der Rubel-Absturz trifft einige Unternehmen in Westeuropa besonders hart. Dazu zählen Österreichs Raiffeisenbank, der Arzneimittelhersteller Stada und Adidas. Am meisten steht aber für den britischen Ölkonzern BP auf dem Spiel.

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          Der Wertverfall des russischen Rubel lastet auf den Aktienkursen vieler westeuropäischer Unternehmen. Einige Frankfurter Banken beschäftigen sich nun schon mit einem Zahlungsausfall Russlands und einer Wiederholung der Finanzkrise vor 15 Jahren. Als besonders anfällig gelten der britische Ölkonzern BP, der Sportartikelhersteller Adidas oder das Arzneimittelunternehmen Stada. Betroffen sind aber auch in Russland engagierte Banken.

          Markus Frühauf
          Redakteur in der Wirtschaft.
          Marcus Theurer
          Redakteur in der Wirtschaft der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

          Das trifft vor allem auf die österreichische Raiffeisenbank International zu, wie sich an den starken Schwankungen des Aktienkurses ablesen lässt. Der sank am Mittwoch zunächst um weitere 9 Prozent, nachdem er am Dienstag schon um 9,4 Prozent eingebrochen war. Am späten Nachmittag lag die Aktie aber mit 2,5 Prozent im Plus. Die Österreicher sind in Russland nach Angaben der Analysten der Citigroup mit 15,4 Milliarden Euro engagiert, was fast dem Doppelten des Eigenkapitals entspricht. Die Kredite belaufen sich auf knapp 11 Milliarden Euro.

          Société Générale im freien Fall

          Die Unicredit, die italienische Muttergesellschaft der Hypo-Vereinsbank, ist in Russland mit 18,4 Milliarden Euro noch stärker vertreten. Das liegt an der österreichischen Einheit Bank Austria, die für das Osteuropa-Geschäft zuständig ist. Die Unicredit-Aktie verlor am Mittwoch um bis zu 3 Prozent. Seit Sommer ist der Kurs um ein Viertel abgerutscht.

          Bild: F.A.Z.

          Das größte Engagement weist die französische Société Générale mit 24,8 Milliarden Euro auf. Im Vergleich dazu waren es bei der Deutschen Bank Ende September 5,2 Milliarden Euro und bei der Commerzbank 5,4 Milliarden Euro. Die Société-Générale-Aktie verbilligte sich am Mittwoch zeitweise um mehr als 3 Prozent. Am Vortag hatte die Aktie sogar um bis zu 7 Prozent verloren. Der Kurs hat seit seinem Jahreshoch von 48,38 Euro Ende Februar fast ein Drittel auf 33,14 Euro eingebüßt.

          Rosneft bereitet Sorgen

          Insgesamt haben ausländische Banken nach Statistiken der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) an russische Schuldner 208 Milliarden Dollar verliehen. Davon entfallen auf europäische Institute 156 Milliarden Dollar. Deutsche Banken sind mit 17,7 Milliarden Dollar vergleichsweise gering engagiert. Das sei weniger als 1 Prozent der gesamten Auslandsforderungen deutscher Banken, betonte Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes. „Die Schulden russischer Firmen bei den Banken dürften keinen Anlass für Probleme geben“, sagte Danielle Nouy, Chefin der Bankenaufsicht in der Europäischen Zentralbank, am Mittwoch im französischen Radiosender Inter Radio.

          Bild: F.A.Z.

          Für kaum ein westliches Großunternehmen steht in Russland so viel auf dem Spiel wie für den britischen Energiekonzern BP. Die Briten haben sich vor zwei Jahren mit knapp 20 Prozent am staatlichen russischen Ölriesen Rosneft beteiligt. Knapp ein Drittel der gesamten Öl- und Gasförderung von BP stammt von Rosneft. Das Aktienpaket ist in der Bilanz der Briten mit rund 14 Milliarden Dollar bewertet. Aber die Anleger an der Börse machen sich zunehmend Sorgen, wie es mit der Beteiligung weitergeht: Seit Jahresmitte ist der Aktienkurs von BP um gut ein Viertel gefallen und damit deutlich stärker als die Notierungen von Konkurrenten wie Shell oder Exxon-Mobil. Ein Grund dafür ist die größere Russland-Abhängigkeit von BP.

          Auch BASF und Volkswagen betroffen

          Die Wechselkursverluste durch den Rubelverfall machen den Briten zu schaffen: Bereits im dritten Quartal ist der Gewinnbeitrag von Rosneft im Vorjahresvergleich um 87 Prozent auf magere 101 Millionen Dollar zusammengeschmolzen. Mögliche Kapitalverkehrskontrollen in Russland könnten in Zukunft auch die Dividendenüberweisungen nach London einfrieren. BP-Chef Bob Dudley bekräftigt, man wolle dennoch an der brisanten Beteiligung festhalten. Aber wie lange gilt diese Zusage noch? Gut möglich, dass BP 2015 die Notbremse ziehe und den Rosneft-Anteil verkaufe, glauben die Analysten der Deutschen Bank.

          Der schlechteste Wert im deutschen Aktienindex Dax ist die Adidas-Aktie. Sie hat sich seit Jahresbeginn um 40 Prozent verbilligt. Ein Grund dafür ist die Abhängigkeit vom russischen Markt. Dort ist der Herzogenauracher Sportartikelhersteller Marktführer. In Russland und in anderen Staaten der früheren Sowjetunion hat Adidas 1000 Läden. Der Verfall des Rubel lässt die Gewinnmargen schmelzen. Im Dax befinden sich mit dem Chemiekonzern BASF, dem Versorger Eon oder dem Autohersteller Volkswagen (VW) drei weitere Werte, die in Russland einen nennenswerten Umsatz erwirtschaften. Sie sind schon von den Sanktionen betroffen. Eon hat in Russland fast 10 Milliarden Euro investiert. VW musste im russischen Werk Kaluga schon die Bänder anhalten. Der Umsatz dort ist zuletzt um mehr als ein Fünftel eingebrochen. Auch BASF berichtet von Umsatzrückgängen. Der Ludwigshafener Konzern ist dort über seine Tochtergesellschaft Wintershall präsent. Der Arzneimittelhersteller Stada hat wegen des schwachen Rubel schon zweistellige Umsatzeinbußen verarbeiten müssen. Seit Jahresanfang hat der Kurs fast ein Drittel verloren.

          Nach Daten der russischen Zentralbank beliefen sich die Auslandsschulden im September auf 678 Milliarden Dollar. Davon entfielen auf den Staat 48 Milliarden, auf Unternehmen 422 Milliarden und auf Banken 192 Milliarden Dollar. Russische Unternehmen müssen der Zentralbank zufolge bis Sommer 2016 für ihre Schulden 117 Milliarden Dollar aufbringen.

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