Ende ohne Schrecken? : Am Grexit ängstigt die Unsicherheit am meisten
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Griechische Börse in Athen: eine Plastik zeigt steigende und fallende Kurse Bild: Henning Bode
Kommt es zum Grexit oder nicht? Auf eine griechische Staatspleite würden die Märkte kurz turbulent reagieren. Bundesanleihen und Euro litten kaum.
Mark Burgess erinnern die Griechenland-Verhandlungen langsam an Odysseus’ verschlungene Heimreise von Troja. Nach Angaben des globalen Aktienchefs von Columbia Threadneedle hat die amerikanische Investmentgesellschaft zuletzt die Quote europäischer Aktien im Portfolio gesenkt. Solange die Lage so unsicher bleibt, setzt man lieber auf Barbestände. Damit ist Columbia Threadneedle nicht allein.
Eine Umfrage der Bank of America Merrill Lynch unter Vermögensverwaltern auf der ganzen Welt zeigt, dass viele von ihnen sich derzeit wegen der Unsicherheit um Griechenland aus den europäischen Aktienmärkten zurückziehen. Der Verlauf des Dax in den vergangenen zwei Wochen ist ein Beleg dafür; nach dem Abzug der IWF-Delegation aus Athen und dem Scheitern der Vermittlungsgespräche von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sauste der Index jeweils um mehrere Prozentpunkte nach unten.
Die anhaltende Unsicherheit um Griechenland hält die Märkte in Atem. Viele Anleger wünschen sich längst das vielzitierte Ende mit Schrecken - wobei aus ihrer Sicht selbst bei einem Austritt Griechenlands aus der Währungsunion der Schrecken überschaubar wäre. Mit einem Ergebnis beim heutigen Treffen der Eurogruppe rechnet allerdings kaum jemand. Sollte auch der EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs am Donnerstag und Freitag kommender Woche keine Übereinkunft bringen, sei ein Zahlungsausfall unabwendbar, sagt Daniel Lenz, Analyst für Staatsanleihen bei der DZ Bank. Allerdings könnte der sich gut drei weitere Wochen hinziehen. Und zwar bis zu jenem 20. Juli, an dem Griechenland Staatsanleihen über 3,5 Milliarden Euro, die von der Europäischen Zentralbank (EZB) gehalten werden, zurückzahlen muss.
Wie viele andere Marktteilnehmer hält Philipp Waldstein, Geschäftsführer des Vermögensverwalters von Munich Re, Meag, den Grexit für das „unwahrscheinlichste Szenario“: „Wahrscheinlich ist das weitere qualvolle Dahinzittern.“ Das würde den Euro weiter schwächen, die Zinsen blieben niedrig, und die Renditeabstände zwischen Bundesanleihen und denen der Peripherie wachsen wieder. Ein solches Auseinandergleiten der Risikoprämien ist schon seit Ende vergangener Woche zu beobachten.
Der Aufschwung in Europa fördert einen starken Euro
Sollten die Gespräche zwischen den Griechen und ihren Gläubigern scheitern, wird es nach Waldsteins Ansicht keine Kurseinbrüche an den Börsen geben. Dafür seien die internationalen Investoren viel zu wenig vernetzt mit dem griechischen Finanzmarkt. „Die Kapitalmärkte sind schon weitgehend immunisiert gegen Griechenland. Die Anleihen liegen inzwischen fast alle bei den europäischen Notenbanken und Finanzinstitutionen“, sagt Waldstein. Laut der französischen Investmentgesellschaft Amundi liegen gerade noch 12 Prozent der griechischen Schulden bei privaten Investoren.
Edgar Walk, Chefvolkswirt beim Privatbankhaus Metzler, geht im Falle eines Grexit von nur kurzfristigen Verwerfungen auf den Aktien- und Rentenmärkten aus. Die Risikoprämien in der Eurozone könnten steigen, der Aktienmarkt kurzzeitig um 5 bis 10 Prozent fallen. „Die Angst vor Ansteckungsrisiken sind im Vergleich zu 2010 aber deutlich geringer“, sagt Walk. Zwar hat der Dax allein im Laufe des vorigen Monats mehr als 10 Prozent verloren, und auch andere europäische Indizes haben nachgelassen. Von den 15 von Bloomberg beobachteten Prognostikern hat aber keiner seine Schätzung für die europäischen Indizes zum Jahresende gesenkt. Jean-Louis Laurens, Chefanleger bei Rothschild & Cie Gestion, geht nach einem Grexit zwar von einer höheren Volatilität aus. Aber die Entwicklung der Aktienkurse würde mehr getrieben vom verbesserten wirtschaftlichen Umfeld und von gesteigerten Unternehmensergebnissen.