Greetings aus New York : JP Morgan auf Twitter abgewatscht
- -Aktualisiert am
Die Skyline von New York - das wichtigste Finanzzentrum Amerikas. Bild: dapd
Die größte amerikanische Bank lernt eine harte Lektion über soziale Medien. Investor Warren Buffett hat eine neue Anlageidee. Und die Börsen reagieren auf die designierte Fed-Vorsitzende Janet Yellen.
Twitter an die Börse zu bringen scheint einfacher zu sein als Twitter zu nutzen. Das musste jedenfalls die größte amerikanische Bank JP Morgan Chase einsehen, die in der vergangenen Woche am erfolgreichen Debüt des Kurznachrichtendienstes an der New Yorker Börse beteiligt war. Vielleicht noch in Champagnerlaune war jemand bei JP Morgan auf die Idee gekommen, Studenten die Gelegenheit zu geben, auf Twitter direkt mit einem hochrangigen
Investmentbanker zu kommunizieren. Nachdem die Bank Twitter-Nutzer aufgefordert hatte, dem Manager Fragen zu stellen, wurde sie allerdings von einer Welle böser Kommentare überzogen. „Kann ich mein Haus zurückhaben?“, twitterte ein Nutzer. „Ist es wahr, dass JPM für Just Pay More (Zahl einfach mehr) steht, fragte ein anderer. „Was ist Ihre liebste Walart?“ schrieb ein weiterer. Der Ruf der Bank hat schwer gelitten. JP Morgan steht derzeit wegen fragwürdiger Geschäftspraktiken gleich mehrfach am Pranger.
Mehrfach am Pranger
Wegen Hypothekengeschäften im Vorfeld der Finanzkrise hat sich JP Morgan kürzlich mit mehreren Aufsichtsbehörden auf einen vorläufigen außergerichtlichen Vergleich in Höhe von 13 Milliarden Dollar geeinigt. Davor hatte JP Morgan wegen des Handelsdebakels um den „Londoner Wal“ eine Geldstrafe von 920 Millionen Dollar akzeptiert. Ein Händler in London, der wegen seiner riesigen Handelspositionen von anderen Marktakteuren als „Wal“ verspottet wurde, hatte mit riskanten Geschäften im vergangenen Jahr mehr als 6 Milliarden Dollar Verlust gemacht.
Und die schlechten Nachrichten reißen nicht ab. Am Donnerstag berichtete die „New York Times“, dass die Börsenaufsicht SEC wegen korrupt wirkender Verbindungen von JP Morgan zu hochrangigen chinesischen Regierungsmitgliedern ermittelt. Wen Ruchun, die Tochter des ehemaligen chinesischen Premierministers Wen Jiabao, soll zwischen 2006 und 2008 über ihre kleine Unternehmensberatung unter einem Decknamen insgesamt 1,8 Millionen Dollar von JP Morgan kassiert haben. Unter anderem soll sie den Börsengang des staatlichen Bauunternehmens China Railway für JP Morgan eingefädelt haben. Solch negative Schlagzeilen sind eine denkbar schlechte Voraussetzung, um eine Konversation auf Twitter anzustoßen. Weniger als sechs Stunden nach Eröffnung des Internetforums zog die Bank ihr Angebot wieder zurück.
Schützenhilfe von Buffett
Der berühmte Investor Warren Buffett, der Vorstandsvorsitzende des Konglomerats Berkshire Hathaway, hatte JP Morgan und deren Vorstandschef Jamie Dimon vor kurzem öffentlich in Schutz genommen. Auf der am Donnerstag nach Börsenschluss bekanntgewordenen Liste der großen neuen Beteiligungen von Berkshire taucht JP Morgan aber nicht auf. Die größte neue Position im Portfolio ist vielmehr Exxon Mobil, der führende amerikanische Erdölproduzent. Berkshires Anteil an Exxon ist 3,45 Milliarden Dollar wert. Die Beteiligung könnte den Aktienkurs von Exxon am Freitag beflügeln, da viele Investoren Buffetts Vorbild folgen.
Das könnte wiederum dem allgemeinen Trend an den amerikanischen Börsen weiteren Auftrieb geben. Am Donnerstag verzeichneten die Aktienindizes Dow Jones und S&P 500 zum zweiten Tag in Folge neue Rekordstände. Der Dow stieg um 0,3 Prozent auf 15876 Punkte. Der S&P 500 legte um 0,5 Prozent zu und schloß mit 1791 Zählern. Börsianer konzentrierten sich vor allem auf die Anhörung Janet Yellens vor dem Bankenausschuss des Senats. Yellen war vom amerikanischen Präsidenten Barack Obama als Nachfolgerin des Notenbankvorsitzenden Ben Bernanke vorgeschlagen worden und muss vom Senat bestätigt werden. Yellen verteidigte die extrem lockere Geldpolitik der Notenbank Fed bei der Anhörung. „Derzeit überwiegt der Nutzen die Risiken“, sagte sie. An den Börsen wurde das als Signal interpretiert, dass die Fed an dieser Politik erst einmal festhalten wird – weiterer Treibstoff für die lange Hausse an den Aktienmärkten.