Aktienanlage : Die Dividende ist der neue Zins
- -Aktualisiert am
Aktionärstreffen von Siemens: Jede Aktie bringt 3,30 Euro Dividende. Bild: Siemens AG
Am Tag nach der Hauptversammlung kommt beim Aktionär Freude auf: Die Unternehmen im F.A.Z.-Index schütten dieses Jahr 35 Milliarden Euro aus. Ein Rekord.
Die Aktionäre von Siemens dürfen sich mit als erste freuen. Wer am heutigen Dienstag Siemens-Aktien besitzt, bekommt einen Tag später für jede Aktie eine Dividende von 3,30 Euro. Das sind 30 Cent mehr als im Vorjahr. Warum gibt es das Geld genau jetzt? Weil Siemens als erstes Unternehmen aus dem Dax in diesem Jahr heute seine Hauptversammlung abhält. Dort dürfen die Eigner, also die Aktionäre, dem Vorstand Fragen stellen, und anschließend bekommen sie einen Teil des Unternehmensgewinn des vergangenen Geschäftsjahres als Dividende ausgezahlt.

Redakteur in der Wirtschaft.
Auch Aktionäre anderer großer deutscher Unternehmen werden sich in diesem Jahr noch freuen können. Denn von den zehn Unternehmen im F.A.Z-Aktienindex, die schon ihre Dividende festgelegt haben, werden acht mehr zahlen als im Vorjahr. Besonders stark wird die Allianz ihre Dividenden steigern.
Bei den meisten Unternehmen steht aber noch nicht genau fest, wie viel Dividende es geben wird. Denn das Besondere an Siemens und auch zum Beispiel an Wincor Nixdorf und Thyssen-Krupp ist, dass ihr Geschäftsjahr nicht mit dem Kalenderjahr, sondern schon am 30. September endet. Deshalb sind diese Unternehmen früher mit ihrer Bilanz fertig und laden auch früher zur Hauptversammlung. Wincor Nixdorf hat schon in der vergangenen Woche Dividende gezahlt, die Aktionäre von Thyssen-Krupp treffen sich am Freitag. Dann gibt es für sie erstmals nach zwei dividendenlosen Jahren wieder Geld. Die meisten Hauptversammlungen und damit die großen Zahltage für die Aktionäre sind aber erst im April und Mai.
Rekordhohe Dividenden dank rekordhoher Gewinne
Allerdings muss kein Unternehmen Dividende zahlen. Auch in diesem Jahr werden voraussichtlich die Aktionäre von sieben Unternehmen aus dem 100 Werte umfassenden F.A.Z.-Aktienindex leer ausgehen. Die Commerzbank zum Beispiel hat das letzte Mal für das Geschäftsjahr 2007 eine Dividende ausgeschüttet. Grob vereinfacht gesagt, hängt die Dividende eines Unternehmens davon ab, wie viel Gewinn es gemacht hat. Und hier sieht es gut aus für die Aktionäre deutscher Unternehmen: Die Gewinne sind auf Rekordniveau. Die großen börsennotierten deutschen Aktiengesellschaften erzielten im Jahr 2014 nach Daten der Commerzbank im Durchschnitt 16 Prozent mehr Gewinn als im Jahr 2007 und sogar doppelt so viel wie im Jahr 2000.
Aktienfachleute wissen: Im Jahr 2000 und im Jahr 2007 standen die Aktienkurse schon einmal sehr hoch. Der Dax hat die Rekordstände von damals inzwischen übertroffen, der F.A.Z.-Aktienindex noch nicht. Dieser Index berücksichtigt anders als der Dax die Dividendenausschüttungen nicht, sondern nur die Kursveränderungen der Aktien. Dem F.A.Z.-Aktienindex fehlen noch 3,5 Prozent zum Rekordstand des Jahres 2007 und sogar noch 14 Prozent bis zum Rekord aus dem Jahr 2000. Das heißt: Wer jetzt trotz schon stark gestiegener Kurse Aktien kauft, erwirbt sie nicht – anders als der Dax suggeriert – zu Höchstkursen.
Dagegen zahlen die Unternehmen wegen der rekordhohen Gewinne auch rekordhohe Dividenden. Die DZ Bank rechnet damit, dass unverändert etwa 36 Prozent der Gewinne als Dividende ausgeschüttet werden. Bezogen auf das aktuelle Aktienkursniveau, ergibt sich eine Dividendenrendite von 2,9 Prozent. Das ist sehr viel, gemessen an dem, was Anleihen abwerfen: Bundesanleihen bieten oft nur noch einen Kupon von 0,5 Prozent, Unternehmensanleihen („BBB“) werfen eine Rendite von 1,5 Prozent ab.
Unternehmen wirken in ihrer Dividendenpolitik verlässlich
Dass die Dividendenrendite von Aktien höher ist als die Zinsrendite von Anleihen ist ein neues Phänomen, das im Jahr 2009 nach Ausbruch der Finanzkrise erstmals auftrat. Zuvor hatte seit 1988 die Rendite der Bundesanleihen immer höher gelegen als die Dividendenrendite. Wegen der durch die Zentralbanken immer tiefer gedrückten Zinsen sind Anleihen im Vergleich zu Aktien zunehmend unattraktiv geworden. Zu Jahresbeginn hatten in einer Umfrage neun bankenunabhängige Vermögensverwalter zu so geringen Anleihequoten wie noch nie in elf Jahren geraten. Dabei trieb sie nicht nur die niedrigen Zinsen, sondern auch das hohe Kursrisiko von Anleihen um, sobald die Zinsen wieder steigen.
Auch Aktien sind nach den starken Kursgewinnen zu Beginn dieses Jahres anfällig für Kursverluste. Gerade deshalb hält die DZ Bank 2015 für ein Jahr, in dem wegen des eher gering erscheinenden Aktienkurspotentials auf Dividenden gesetzt werden sollte: Zwar werden vermutlich Eon, Lufthansa und Adidas ihre Dividenden kürzen. Aber Unternehmen wie Münchener Rück, BASF, Siemens, Axel Springer und Deutsche Börse weisen eine überdurchschnittliche Dividendenrendite auf und haben in den vergangenen zehn Jahren ihre Dividende nie gekürzt.
In diese in ihrer Dividendenpolitik verlässlich wirkenden Unternehmen können Anleger direkt und langfristig investieren. Anleger können aber mit Hilfe unseres Kalenders auch „Dividendenhopping“ betreiben und stets kurz vor der Hauptversammlung eines Unternehmens Aktien kaufen. Kurz nach Erhalt der Dividende verkaufen sie wieder, um Aktien des nächsten Dividendenzahlers zu erwerben. Allerdings ist der Aktienkurs am Tag nach der Hauptversammlung in der Regel um die Dividende niedriger. Aus diesem Blickwinkel betrachtet, ist die Freude des Aktionärs dann getrübt.