Deutsche Volksaktien : Der Erfolg ließ auf sich warten
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Erst Volkswagen, dann Volksaktie - dank Sozialrabatt Bild: picture-alliance/ dpa
Vor 50 Jahren begann die Plazierung von Aktien der Preussag bei Kleinanlegern - die Volksaktie war geboren. So sollten „Wirtschaftsbürger einer echten Wirtschaftsdemokratie“ geschaffen werden. Dennoch wurde die Aktie nicht zum Anlageinstrument „für den kleinen Mann“.
Die Idee stammte von einem heute längst vergessenen Mann in einem schon lange nicht mehr existierenden Ressort. Hermann Lindrath (1896 bis 1960) war unter Kanzler Konrad Adenauer Bundesschatzminister und in dieser Funktion unter anderem mit der Privatisierung von Staatsunternehmen betraut. Am 24. März 1959 begann die Plazierung von Aktien der Preußischen Bergwerks- und Hütten AG, Hamburg, später unter dem Namen Preussag bekannt.

Redakteur in der Wirtschaft, verantwortlich für den Finanzmarkt.
Lindrath wollte aber nicht nur Aktien verkaufen, sondern gleichzeitig auch die ärmeren Bevölkerungsschichten an den Gedanken der Sozialen Marktwirtschaft binden. Das erschien nach zehn Jahren mit dieser Wirtschaftsform immer noch als eine sinnvolle und notwendige Idee, denn die ärmeren Bevölkerungsschichten wählten überwiegend die SPD - und die Sozialdemokraten würden erst im Laufe des Jahres 1959 auf ihrem legendären Godesberger Parteitag den offiziellen Abschied vom Sozialismus beschließen. Lindraths Motto lautete deshalb: Die „Klassenkämpfer von einst“ sollten sich durch den Erwerb von „Volksaktien“ in „Wirtschaftsbürger einer echten Wirtschaftsdemokratie“ verwandeln. Die Idee wurde auch vom damaligen Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard gutgeheißen.
Der Beginn war bescheiden
Die Preussag eignete sich nur auf den zweiten Blick als Volksaktie. Das Unternehmen war in der Öffentlichkeit weniger bekannt als beispielsweise ein Automobilhersteller wie Volkswagen. Immerhin stand es aber als ein unter anderem in der Energieerzeugung tätiges Montanunternehmen für den industriellen Aufstieg der jungen Bundesrepublik. Der Beginn war ohnehin bescheiden: Aus einer Kapitalerhöhung von 75 auf 105 Millionen Mark wurden 300.000 junge Aktien zum Ausgabekurs von 145 Mark je Aktie angeboten. Bezugsberechtigt waren Belegschaftsmitglieder und Privatpersonen mit einem maximalen Jahreseinkommen von 8.000 Mark (Einzelpersonen) beziehungsweise 16.000 Mark (Verheiratete).
Die Emission wurde ein großer Erfolg und war dreifach überzeichnet, worauf der Bund in einer zweiten Tranche Aktien im Nennwert von 51,5 Millionen Mark anbot, die ebenfalls alle Abnehmer fanden. Am Ende erhielten 216000 Privatanleger Aktien. Davon waren 26 Prozent Hausfrauen, 10 Prozent Pensionäre und 5 Prozent Arbeiter. 79 Prozent der Preussag befanden sich nun in privater Hand.
Es lief nicht schlecht - bis TUI kam
Der Zeitpunkt des Börsengangs war ideal, wie Heinz Brestel in der F.A.Z. im Nachhinein befand: „Die Preussag-Privatisierung profitierte von der größten Nachkriegshausse an der deutschen Börse, die erst 1961 endete.“ Die Kursgewinne veranlassten allerdings nicht wenige Anleger, sich relativ kurz nach der Zeichnung mit Gewinn wieder von ihren Papieren zu trennen.
Auf lange Sicht schlug sich das Unternehmen, gemessen am Aktienindex, nicht schlecht, auch wenn der Kurs starken Schwankungen unterlag. Anfang dieses Jahrzehnts verwandelte sich die Preussag dann in die TUI - ein Unternehmen, das weniger auf Industrie und mehr auf Tourismus und Containerschifffahrt setzte. Seit Anfang 2008 befindet sich der Kurs im Niedergang, der dazu führte, dass die TUI den Dax verlassen musste.
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