Branchenanalyse : Konsumflaute lastet auf europäischen Einzelhandelswerten
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Europas Einzelhandelsunternehmen drohen die ersten Kursverluste seit sechs Quartalen. Die rückläufigen Verbraucherausgaben schwächen die Ertragslage, außerdem sorgen geplatzte Konsolidierungsträume für Abgabedruck.
Europas Einzelhandelsunternehmen drohen die ersten Kursverluste seit sechs Quartalen. Im ersten Halbjahr hatten sie noch 17 Prozent zugelegt - die beste Performance im Dow Jones Stoxx 600 Index. Doch die rückläufigen Verbraucherausgaben schwächen die Ertragslage, außerdem sorgen geplatzte Konsolidierungsträume für Abgabedruck. Der Stoxx 600 Retail Index hat in diesem Quartal bereits 1,9 Prozent verloren, in der vergangenen Woche ging es 0,3 Prozent abwärts.
"Einzelhandelswerte haben noch Spielraum nach unten", sagt Gerard Piasko, der als Chief Investment Officer für die Anlagestrategie von Bank Julius Bär Holding AG in Zürich verantwortlich ist. "Verbrauchernachfrage und Wirtschaftswachstum werden weltweit sinken."
Einkaufsmanagerindex deutet auf Einbußen hin
Der Bloomberg-Einkaufsmanagerindex, der sich auf die Befragung von über 1.000 Führungskräften im Einzelhandel stützt, ist im August von 51,2 auf 49,7 gefallen. Sinkt das Barometer unter die Marke von 50, ist das ein Signal für Umsatzeinbußen. "Die Verbraucherausgaben gehen definitiv zurück", bestätigt Barry Norris, Fondsmanager bei Neptune Investment Management in London. "Das ist nicht gut für konsumsensitive Aktien."
Analysten schätzen den Gewinnanstieg bei europäischen Einzelhandelsunternehmen dieses Jahr auf durchschnittlich 13,7 Prozent, lautet das Ergebnis einer Umfrage von JCF Group in London. Im Juni hatten die Strategen eine Wachstumsrate von 16 Prozent prognostiziert.
Mit Spannung werden die für Donnerstag angekündigten Halbjahreszahlen von Kingfisher erwartet. Der britische Konzern, zu dem Ketten wie MacroMarkt, ProMarkt, B&Q und Castorama gehören, dürfte den Gewinn 18 Prozent auf 233 Millionen Pfund (341 Millionen Euro) gesteigert haben. Kingfisher hat die Kosten im Einkauf gesenkt und ist in Großbritannien und Frankreich auf Expansionskurs.
Next , die drittgrößte britische Bekleidungskette, legt das Zwischenergebnis bereits am Dienstag vor. Bei dem Unternehmen aus Leicester wird mit einem G Gewinnanstieg von 17 Prozent auf 100,4 Millionen Pfund für das Halbjahr gerechnet. Einige Filialen wurden in Ballungsgebiete verlagert, um gegenüber Wettbewerbern wie Marks & Spencer Group mithalten zu können.
Pinault-Printemps-Redoute SA, dazu gehören das Luxuslabel Gucci und die Warenhauskette Printemps, steht in diesem Quartal an vorletzter Stelle der europäischen Einzelhändler. Die Aktie hat 18 Prozent an Wert verloren. Mit 191 Millionen Euro lag der Halbjahresgewinn unter den Analystenerwartungen von durchschnittlich 364 Millionen Euro.
„Es fällt schwer, den Einzelhandelswerten etwas Positives abzugewinnen"
Das Schlußlicht im Stoxx 600 Retail Index ist MFI Furniture , der größte britische Möbelhändler. Seit Quartalsbeginn ist sein Kurs 29 Prozent eingebrochen, davon 17 Prozent am letzten Donnerstag, als MFI für das britische Einzelhandelsgeschäft ein "deutliches" Minus ankündigte.
Marks & Spencer, die Nummer eins in Sachen britischer Mode, verzeichnete seit dem 14. Juli einen Kursverlust von 3,3 Prozent. Grund dafür war die geplatzte Übernahme, nachdem Philip Green, Milliardär und Inhaber von Modeketten wie Top Shop, seine Offerte zurückgezogen hatte. Einen solchen Rückzieher gab es auch bei W.H. Smith . Die Aktie des größten britischen Magazinvertriebs hat seit dem Jahreshoch 15 Prozent an Wert verloren, weil die Beteiligungsgesellschaft Permira Advisers Ltd. die geplante Übernahme abgesagt hat.
Eine Konsolidierung könnte die Kurse wieder beflügeln. Matalan, der größte britische Mode-Discounter, hat am Donnerstag 5,5 Prozent zugelegt, angetrieben von Spekulationen, daß Wal-Mart Stores eine Übernahmeofferte abgeben könnte. Sprecher der beiden Einzelhändler wollten dazu nicht Stellung nehmen.
Bleibt es indes bei den Umsatzeinbußen, dann drohen den Aktien weitere Kursverluste. "Das Umsatzwachstum wird nachlassen, weil die Verbraucher ihre Ausgaben drosseln", sagt Peter Jarvis, Vermögensverwalter bei Isis Asset Management in London. "Es fällt schwer, den Einzelhandelswerten etwas Positives abzugewinnen."