Beispiellos deutlich : Schweizer Notenbank rüffelt die Credit Suisse
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Thomas Jordan führt die Schweizerische Nationalbank Bild: REUTERS
Die Nationalbank der Schweiz fordert einen raschen Kapitalaufbau. Der Aktienkurs sinkt um 10 Prozent, auch UBS muss handeln.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) wird den Mindestkurs von 1,20 Franken zum Euro weiter mit allen Mitteln verteidigen. Zugleich bereitet ihr die Kapitalausstattung der beiden Großbanken UBS und Credit Suisse große Sorgen. Gemessen an den Regeln von Basel III und den Risiken in der Weltwirtschaft liege das Kapital, das bei Verlusten herangezogen werden könnte, in beiden Banken „weiterhin unterhalb des Niveaus, das eine ausreichende Widerstandskraft gewährleisten würde“, sagte SNB-Vizepräsident Jean-Pierre Danthine.
Beispiellos deutlich äußerte sich Danthine gegenüber der Credit Suisse (CS). Sie sollte „den Kapitalaufbauprozess beschleunigen und alles Mögliche unternehmen, um ihr verlusttragendes Kapital noch in diesem Jahr deutlich zu erhöhen“. Als Folge davon brach der CS-Aktienkurs um knapp 8 Prozent ein. Am Nachmittag weitete sich das Minus auf zeitweise gut 10 Prozent aus. Das entspricht einem Wertverlust von umgerechnet zwei Milliarden Euro. Die UBS-Aktie gab rund ein Prozent ab. Das negative Urteil über die CS schwächt auch den sowieso unter Druck stehenden Konzernchef Brady Dougan.
Kursrückschlag erschwert Geldschöpfung
Grundsätzlich erwartet die SNB eine schrittweise Aufhellung des globalen Umfelds. Zugleich hätten UBS und CS ihre Risiken vermindert. Aber vor allem mit Blick auf Europa bleibe das Risiko einer weiteren Verschlechterung groß, so Danthine. Eine Zuspitzung der Euro-Krise träfe besonders die beiden Großbanken. Hierfür sieht die SNB die Banken schlecht gerüstet. Unter voller Anwendung der Regeln nach Basel III, die bis spätestens 2019 erfüllt sein müssen, glitten beide Häuser im Eigenkapital unter die internationalen Durchschnittswerte.
Angesichts ihrer Bedeutung für die Schweizer Volkswirtschaft und die Finanzstabilität „wäre aber gerade eine überdurchschnittliche Kapitalausstattung angebracht“, sagte Danthine. Der am selben Tag vorgelegte Finanzstabilitätsbericht der SNB beziffert den Anteil des verlusttragenden Kapitals (Aktienkapital, Gewinnrücklagen und gewisse Coco-Anleihen mit Eigenkapitalkomponenten) an den risikogewichteten Aktiva aktuell auf 7,5 Prozent bei der UBS und 5,9 Prozent bei der Credit Suisse. Bezogen auf die Nettobilanzsumme käme die UBS auf eine Quote von 2,7 Prozent, die CS nur auf 1,7 Prozent.
In ihren Entgegnungen zur Einschätzung der SNB erinnerte die Credit Suisse an ihren Plan zum Aufbau von hartem Kernkapital aus Aktienkapital und Gewinnen, das die weitere Rückführung von Geschäften beinhaltet. Die UBS bezifferte ihre Kernkapitalquote nach dem geltenden Standard Basel 2.5 auf 16,7 Prozent gegenüber zum Beispiel 11,8 Prozent für die CS und 10,0 Prozent für die Deutsche Bank. Auch mit den 7,5 Prozent nach Basel III liege die UBS klar über dem Durchschnitt der Konkurrenten. Ein Kursrückschlag wie derjenige vom Donnerstag erschwert der Credit Suisse die Geldschöpfung aus einer Kapitalerhöhung. Dabei nennt der Finanzstabilitätsbericht dies als eine der Möglichkeiten der Eigenmittelanreicherung. Danthine sagte dazu, die Glaubwürdigkeit der Notenbank gebiete es, die Wahrheit zu sagen.
„Unbeschränkte Devisenkäufe“
In der Geldpolitik hält die SNB den Dreimonats-Libor in der Bandbreite von 0 bis 0,25 Prozent. Das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr schätzt sie auf 1,5 Prozent. Inflationsgefahren bestünden keine. Zur Sicherung der Mindestgrenze zum Euro ist die Notenbank nach den Worten des SNB-Präsidenten Thomas Jordan weiterhin zu „unbeschränkten Devisenkäufen“ und notfalls auch bereit, zusammen mit der Regierung „jederzeit weitere Maßnahmen zu ergreifen“. Dies spielt auf mögliche Kapitalverkehrskontrollen an. Die Diskussion über einen Ausstieg aus dem Mindestkurs nannte Jordan in der aktuellen Lage müßig. Zuletzt hatte die Nationalbank im Mai die Devisenreserven um 66 Milliarden auf 304 Milliarden Franken ausweiten müssen. Eine Obergrenze gebe es nicht, betonte Jordan.
Seit dem ersten Quartal werden die Reserven auch im koreanischen Won angelegt. Nach den Worten Jordans kauft die Notenbank seit langem nicht nur Staatsanleihen mit hoher Bonität etwa aus Deutschland, Amerika und Großbritannien, sondern auch Anleihen privater Schuldner sowie Aktien. Die Aktienquote beziffert er aktuell auf rund 10 Prozent der Devisenreserven. Einer Beteiligung der SNB an einem schweizerischen Staatsfonds erteilte der Notenbankchef eine Absage. Länder wie Norwegen oder die Ölstaaten legten Geld aus dem Ölexport an, sagt er, die Schweiz hingegen würde einen Fonds durch Geldschöpfung finanzieren. Bei angekauften Fremdwährungen müsse die Nationalbank jedoch flexibel bleiben.