Verschuldete Rohstoffkonzerne : Aktienkurse hängen viel stärker am Ölpreis als früher
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Ölraffinerie in Texas Bild: dpa
Das Bankhaus Metzler ist der Frage nachgegangen: Warum fallen Aktienkurse derzeit, wenn der Ölpreis sinkt? Und warum reagieren sie so stark darauf?
Anleger sollten sich von den heftigen Kursschwankungen an den Aktienmärkten nicht irritieren lassen - und Aktien sogar stärker als bisher in der Aufteilung ihres Vermögens berücksichtigen. Dazu rät das Bankhaus Metzler, das am Mittwoch in Frankfurt seine „Investment Strategie 2016“ für das Private Banking, also das Geschäft mit vermögenden Privatkunden, vorgestellt hat.
Die Bank rechnet damit, dass in den kommenden zwölf Monaten die nominalen Umsätze der großen Unternehmen Europas um vier Prozent zulegen und zugleich deren zuletzt unterdurchschnittliche Marge zunimmt - so dass die Gewinne im Index Stoxx Europe 600 in diesem Zeitraum um rund sechs Prozent steigen dürften.
„Die jüngsten Kursabschläge in Europa sind vor diesem Hintergrund irrationale Übertreibungen“, meinte Frank Naab, Leiter des Metzler Private Banking Frankfurt. Zugleich böten die historisch niedrigen Zinsen „immer weniger Spielraum für Kursgewinne bei Anleihen“, hob Emmerich Müller hervor, Partner des Bankhauses.
Deutlich höhere Korrelation zum Ölpreis
Besonderes Augenmerk richtete das Bankhaus auf das neue Verhältnis von Öl und Börse. Hier habe es eine bemerkenswerte Veränderung gegeben. Die Korrelation zwischen Aktienkursen und Ölpreis sei in den letzten drei Monaten deutlich enger gewesen als im langfristigen Vergleich.
Und zwar bewegten sich nicht nur die Aktien in Ölländern wie Russland, Brasilien oder Kanada stärker mit dem Ölpreis, sondern auch beispielsweise in Deutschland. Die Korrelation, die in einer Bandbreite von 0 bis 1 gemessen wird, liege hierzulande langfristig bei 0,2. In den vergangenen drei Monaten aber sei sie auf 0,68 angestiegen.
Das Merkwürdige daran sei, dass die Aktienkurse fielen, wenn der Ölpreis sank - obwohl für den Großteil der Unternehmen hierzulande fallende Ölpreise zunächst sinkende Kosten bedeuten und damit von Vorteil sein müssten.
Was steckt dahinter? Dass sinkende Ölpreise als Zeichen für eine schwächere Nachfrage und damit als negatives Konjunktursignal gedeutet würden, sei zumindest nicht der Hauptgrund, glaubt man bei Metzler. Auch die von manchen ins Spiel gebrachte Erklärung, Staatsfonds in Ölländern müssten bei fallendem Ölpreis Aktienpakete auf den Markt werfen, sei nicht hinreichend. Ebenso wenig wie die Sorge, Kreditausfälle von Frackern in Amerika könnten zu einer globalen Bankenkrise führen, wie man anfänglich befürchtet habe.
Sorgen um die Rohstoffkonzerne
Der Hauptgrund sei wohl, dass Rohstoffkonzerne in Schwellenländern, die in Dollar verschuldet seien, geringere Einnahmen hätten und auf diese Weise in Schwierigkeiten geraten könnten - mit erheblichen Folgen für die Weltwirtschaft. Metzler gab auch einen Einblick in seine Portfolio-Aufteilung in der Vermögensverwaltung: In einem traditionellen Depot, für das die Kunden als Vorgabe 50 bis 80 Prozent Aktien vereinbart hätten, hält die Bank derzeit 69 Prozent Aktien, 20 Prozent Anleihen und 11 Prozent Liquidität. Wichtigste Einzelaktien seien ABB, BASF, ING, SAP, Siemens - und das Biotechnologie-Unternehmen Amgen.