Nach Kurssturz : Die Deutsche-Bank-Aktie erholt sich deutlich
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Muss wieder Überzeugungsarbeit unter den Investoren leisten: Deutsche-Bank-Vorstandschef Christian Sewing Bild: Getty
Die Märkte bleiben nervös. Der Risikoaufschlag für Kreditausfallversicherungen der Deutschen Bank sinkt – bleibt jedoch der höchste eines europäischen Geldhauses.
Der Aktienkurs der Deutschen Bank hat sich am Montag um 6,5 Prozent erholt. Gleichwohl wurde der Absturz von 8,5 Prozent am Freitag nicht ganz wettgemacht. Die Nervosität des Marktes spiegelt auch der weiterhin hohe Risikoaufschlag von 1,9 Prozentpunkten für Kreditausfallversicherungen, sogenannte Credit Default Swaps (CDS), wider. Die Absicherung einer Forderung von 1 Million Euro kostet die Investoren für die Deutsche Bank eine Jahresprämie von 19.500 Euro, während für die amerikanische J. P. Morgan 9886 Euro und für die französische BNP Paribas 7263 Euro erforderlich wären.
Auch wenn der Risikoaufschlag gegenüber den am Freitag zeitweise erreichten 2,27 Prozentpunkten kräftig gefallen ist, bleibt er der höchste einer europäischen Großbank. Damit sind Finanzierungsgeschäfte mit der Deutschen Bank deutlich teurer als mit Konkurrenten, was dem Vorstandsvorsitzenden Christian Sewing nicht gefallen kann. Um hier schnell wieder den Anschluss an die Konkurrenz zu finden, dürfte der öffentliche Beistand von Bundeskanzler Olaf Scholz nicht ausreichen. Er hatte am Freitag gesagt, dass die Deutsche Bank sehr profitabel sei.
Negative Schlagzeilen als Risiko
Schützenhilfe erhielt Sewing am Montag von mehreren Analysten. So bescheinigte Nicolas Payen von Kepler Cheuvreux Deutschlands größter Bank sehr solide Fundamentaldaten. „Die Deutsche Bank ist nicht das schwache Glied in der europäischen Bankenlandschaft“, betonte er. Auf die Neuausrichtung des Geschäftsmodells verbunden mit einem Risikoabbau verwies Roland Pfänder, Analyst von Oddo BHF. Seiner Ansicht nach ermöglicht dies dem Institut eine weniger schwankungsanfällige und gleichzeitig höhere Profitabilität.
Citigroup-Analyst Andrew Coombs wertete die Kursentwicklung der Deutschen Bank als „irrational“. Für ihn gibt es auch keine vernünftige Erklärung für den gestiegenen CDS-Risikoaufschlag. An diesem Markt neigten die Kurse grundsätzlich zu größeren Schwankungen, erinnerte Coombs. Trotzdem sieht er in negativen Schlagzeilen ein hohes Risiko für die Kunden- und Anlegerstimmung, wie es zuletzt auch bei der Schweizer Großbank Credit Suisse der Fall gewesen sei.
Schon am Freitag hatte Stuart Graham, Analyst des britischen Researchhauses Autonomous, der Deutschen Bank bescheinigt, nicht die nächste Credit Suisse zu sein. Wie diese Zeitung berichtet hatte, stuft er die Kreditrisiken bei amerikanischen Gewerbeimmobilien als tragbar ein. Auch Citigroup-Analyst Coombs kann hier keine größere Gefahr erkennen.
Die zuletzt sehr starken Kursschwankungen der Deutschen-Bank-Aktie sind auch auf die gestiegenen Wetten von Hedgefonds auf Kursverluste zurückzuführen. Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete auf Basis von Statistiken des Datenanbieters IHS Markit, dass die Leerverkaufspositionen bei der Deutschen Bank in der vergangenen Woche mit 2,6 Prozent des Aktienumlaufs das höchste Niveau seit Mitte 2022 erreicht hätten. Im Februar sei es noch weniger als 1 Prozent gewesen.
Mit Leerverkäufen setzen spekulativ ausgerichtete Investoren auf Kursverluste. Das kann über Aktienleihgeschäfte erfolgen: Die Titel werden verkauft in der Erwartung, diese zu einem späteren Zeitpunkt und zu einem günstigeren Kurs dem ursprünglichen Besitzer wieder zurückzugeben. Die Differenz zwischen dem Verkaufskurs und dem niedrigeren Preis zum Zeitpunkt der Beendigung des Leihgeschäfts ist dann der Gewinn. Bei der Deutschen Bank ist nach Angaben des Finanzdatenanbieters Ortex die Rechnung aufgegangenen: Die Leerverkäufer hätten in den vergangenen zwei Wochen einen Gewinn von rund 100 Millionen Dollar erzielt.
Dass die Deutsche Bank in Zeiten hoher Nervosität im Bankensektor schnell ein Angriffsziel wird, hat sie ihrer schwierigen Vergangenheit nach der Finanzkrise zu verdanken. Skandale, Rechtsstreitigkeiten und Milliardenstrafen hatten das Institut in die schwerste Krise seiner Existenz gestürzt. Erst die von Sewing im Sommer 2019 angestoßene Neuausrichtung hat Früchte getragen: Im vergangenen Jahr erzielte die Bank mit einem Nettogewinn von 5 Milliarden Euro das höchste Ergebnis seit 15 Jahren.
Auch andere Bankaktien konnten sich am Montag von den Kursverlusten der vergangenen Wochen erholen. Der Kurs der Commerzbank erhöhte sich um 4,2 Prozent. Der europäische Stoxx-Bankenindex stieg um 1,4 Prozent. Für Zuversicht sorgte die Nachricht, dass die US-Bank First Citizens alle Einlagen und Kredite der zusammengebrochenen Silicon Valley Bank (SVB) übernimmt. Die SVB-Schieflage hatte vor gut zwei Wochen das Bankenbeben an den Börsen ausgelöst.