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Zum Tod von Hans Hillmann : Alles an ihm war ungewöhnlich

Hans Hillmann 2007 vor einem seiner berühmtesten Filmplakate Bild: Röth, Frank

Für die F.A.Z. illustrierte er jahrzehntelang: Mit seiner unvergleichlichen Plakatkunst erregte er in der ganzen Welt Aufsehen und sein Werk „Fliegenpapier“ war wegbereitend für die späteren „Graphic Novels“. Zum Tod des Graphikers Hans Hillmann.

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          Bei Hans Hillmann drehte sich bis zuletzt alles um die Arbeit. Wer ihn in seiner Frankfurter Atelierwohnung besuchte, der war umgeben von Beweisen dafür, dass der Künstler auch weit jenseits der achtzig nichts von dem Einfallsreichtum und der Präzision eingebüßt hatte, die seine Markenzeichen waren. Er war eine Persönlichkeit, die nichts Auftrumpfendes hatte, obwohl sie beinahe im Alleingang dafür gesorgt hatte, dass deutsche Plakatgraphik in den fünfziger Jahren wieder Anschluss an die internationale Formensprache fand. Und als er 1959 seine Professur an der Kunsthochschule in Kassel antrat, wurde er zum Wegbereiter einer ausdrucksstarken Plakatkunst, die auf der ganzen Welt Aufsehen erregte durch die virtuose Montage von Fotos und Zeichnung. Bis zuletzt brachte dieser Ruhm dem längst pensionierten Hillmann Einladungen ein, unter anderem nach China, wo 2005 die bislang umfangreichste Werkpublikation erschien.

          Andreas Platthaus
          Verantwortlicher Redakteur für Literatur und literarisches Leben.

          In Deutschland sorgten seine Schüler aus mehr als zwei Jahrzehnten Kasseler Lehrtätigkeit dafür, dass der 1925 im schlesischen Nieder Mois geborene Hillmann nicht vergessen wurde. Und die Leser dieser Zeitung, die Hillmann durch zahlreiche Illustrationen im „F.A.Z.-Magazin“ erfreut hat. Und immer noch sind manche seiner Filmplakate tiefvertraut, auch wenn man den Namen ihres Schöpfers nie gekannt haben mochte.

          Die Meisterschaft der Abstraktion von Figuren, der expressive Gebrauch von Schwarzweißkontrasten bei seinen Zeichnungen und die ingeniöse Freiheit bei der Wahl der Motive machen Hillmanns Plakatkunst unvergleichlich. Da er allerdings nur Aufträge annahm, die seinen ästhetischen Überzeugungen entsprachen, wurde er nie für die großen Verleihe tätig - sein Metier war die Filmkunst, die Orte für seine Plakate waren die Programmkinos. Mit deren Niedergang in den achtziger Jahren verschwand langsam auch Hillmanns Plakatwerk wieder aus der öffentlichen Wahrnehmung.

          Plakat zu „Sturm über Asien“ (1961) Bilderstrecke
          Plakat zu „Sturm über Asien“ (1961) :

          Für den Illustrator schien das Gleiche zu gelten, als die bildästhetisch wegweisende Zeitschrift „twen“, für die Hillmann tätig war, ihr Erscheinen einstellte. Doch 1982 brachte der Künstler ein revolutionäres Buch heraus: „Fliegenpapier“, nach einer Kriminalerzählung von Dashiell Hammett. Das war kein illustriertes Buch, sondern eine gezeichnete Interpretation, in der von Hammetts Text nur noch Bruchstücke blieben, während die Handlung über mindestens ganz-, oft gar doppelseitige Zeichnungen erzählt wurde.

          Hillmann gelang damit nicht nur ein Werk, das vor der Erfindung (und dem Missbrauch) des Begriffs „Graphic Novel“ exakt das einlöste, was diese Bezeichnung besagt, er etablierte mit dem zweihundertfünfzigseitigen großformatigen Buch auch einen neuen eigenen unverkennbaren Stil: ungewöhnliche Perspektiven, in der Bewegung eingefrorene Posen und aufwendige Dekors. Das Ganze zudem in einer minutiösen Aquarelltechnik, die an große Freskenmalerei erinnert. Hier führte jemand vor, dass er sein Handwerk in Vollendung beherrschte.

          „Fliegenpapier“ wurde zur Legende, die Zeichnungen dazu vertraute Hillmann der Berliner Staatsbibliothek an, aber das Buch selbst ist seit einer wenig überzeugenden broschierten Version von 2005 nicht mehr greifbar. Erst vor wenigen Wochen hatte Hillmann einer Neuausgabe für das kommende Jahr zugestimmt, die in seiner Wahlheimatstadt Frankfurt von einer Ausstellung begleitet werden soll, um den dann anstehenden neunzigsten Geburtstag des Künstlers zu feiern. Diese überfällige Renaissance seines Werks wird Hans Hillmann selbst nicht mehr erleben. Er starb achtundachtzigjährig am vergangenen Sonntag bei der Arbeit in seinem Atelier.

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