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Zum Tod von Alex Müller : Jeder Widerstand ist zwecklos

Die Entdecker der Hochtemperatur-Supraleitung Klaus Bednorz und Alexander Müller (rechts) am IBM-Forschungslabor in Zürich. Bild: IBM

Er hatte 1986 den ersten Hochtemperatur-Supraleiter entdeckt und dafür ein Jahr später bereits den Physik-Nobelpreis erhalten. Anfang Januar ist der Schweizer Physiker Alexander Müller gestorben.

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          Die Nacht des 18. März 1987 wird Karl Alexander Müller auf ewig im Gedächtnis geblieben sein. Damals drängten sich mehrere tausend Physiker anlässlich der Jahrestagung der Amerikanischen Physikalischen Gesellschaft – als „Woodstock der Physik“ bekannt geworden – im Ballsaal und auf den Fluren des New York Hilton, um seinen „historischen“ Vortrag zu hören. Der Schweizer Physiker hatte eine unglaubliche Entdeckung zu verkünden, die ihm und seinem Kollegen Georg Bednorz ein Jahr zuvor geglückt war. Die beiden Forscher hatten am IBM-Forschungslabor in Rüschlikon bei Zürich eine keramische Sauerstoffverbindung synthetisiert, die bereits unterhalb von minus 238 Grad schlagartig ihren elektrischen Widerstand verlor und zum Supraleiter mutierte.

          Manfred Lindinger
          Redakteur im Ressort „Natur und Wissenschaft“.

          Das war eine Sensation, kannte man bis dahin doch nur Metalle, die erst nahe dem absoluten Temperatur-Nullpunkt (minus 273 Grad) supraleitend werden. Eine breite Anwendung der Supraleitung schien damit in greifbare Nähe gerückt. Nun schien sogar Supraleitung bei Raumtemperatur möglich.

          Als Müller und Bednorz ihren Hochtemperatur-Supraleiter kurz nach der Entdeckung 1986 erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt hatten, waren sie noch auf große Skepsis gestoßen. Denn keramische Oxide galten eher als schlechte Stromleiter. Die letzten Zweifler waren schließlich überzeugt, als Müller und Bednorz ein Jahr später, im Oktober 1987, den Physik-Nobelpreis für ihre Entdeckung zuerkannt bekamen. Das war übrigens das erste Mal, dass nur ein Jahr zwischen Entdeckung und Nobelpreis lag.

          Warten auf die breite Anwendung

          Der Fund der beiden Forscher, dem jahrelanges Ausprobieren, Verwerfen und neues Zusammenmischen von verschiedensten Elementen vorausgegangen waren, hatte eine Jagd nach immer wärmeren Supraleitern ausgelöst. , die noch immer anhält. Den Rekord hält nach wie vor eine im Jahr 2000 entdeckte Quecksilberoxid-Keramik, die bereits unterhalb von minus 135 Grad den elektrischen Widerstand verliert und statt mit flüssigem Helium mit günstigerem flüssigen Stickstoff gekühlt werden kann.

          Weil sich keramische Hochtemperatur-Supraleiter aufgrund ihrer Sprödigkeit schwer verarbeiten lassen, haben sie noch keine breite Anwendung gefunden. Vereinzelt werden daraus bereits Starkstromkabel gefertigt. Ein Material jedoch, das in der Nähe des Gefrierpunkts von Wasser den Strom widerstandslos transportiert, ist noch immer ein Traum. Alex Müller, der in Basel geboren wurde und an der ETH Zürich 1958 promoviert wurde, ist, wie erst jetzt bekannt wurde, bereits Anfang Januar im Alter von 95 Jahren in Zürich gestorben.

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