Zum Achtzigsten von Wole Soyinka : Literatur als Kreuzungspunkt der Weltkulturen
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1986 gewann Wole Soyinka den Literaturnobelpreis Bild: AP
Sein Stil verbindet die Kultur der nigerianischen Yoruba mit der Elisabethanischen Literatur. Wole Soyinka, der erste afrikanische Literaturnobelpreisträger, wird achtzig Jahre alt.
Seine Sätze sind stark, geschliffen, scharf und voller Wucht. Oft erscheinen sie in langen Perioden, hochkomplex und in der Wortwahl ohne Scheu vor überbordender barocker Pracht; in den Dialogen seiner Dramen verdichten sie sich zu knappen Wortwechseln mit der Lebendigkeit des Mündlichen und voll treffender Pointen; in lyrischen Passagen und Gedichten aber steigert seine Sprache sich zu rhythmisierten Klangfiguren, mit vielen gänzlich unbekannten Resonanzen - vielstimmig orchestrierte Wortkonstellationen, wie wir sie im Englischen sonst kaum je finden.
Das rührt daher, dass Wole Soyinka ein durchweg polyphones Englisch schreibt, das seine Energie aus der Lektüre der Elisabethaner ebenso bezieht wie aus der Sprache und Kultur der Yoruba in West-Nigeria, der er entstammt und die er sich in seinen Werken anverwandelt. Darin liegt sein Arbeits- wie sein Lebensprinzip: Vorgefundenes nie einfach hinzunehmen oder fraglos fortzuführen, sondern umzuwandeln.
Widerstand als Ansporn
Es versteht sich, dass er damit aneckt. In England, wo er 1958 am Royal Court, dem Theaterlabor des gesellschaftlichen Aufbruchs, debütierte, ebenso wie in Nigeria, wohin er 1960 zurückkehrte, um just im Jahr der Unabhängigkeit ein Stück zu zeigen, das sich der Jubelstimmung wie der Feier afrikanischer Kulturen widersetzte und sich zugleich auf den europäischen Kanon einließ.
Widerstand aber hat ihn stets zu neuer schöpferischer Arbeit angespornt, und immer haben ihm dabei Shakespeare oder Brecht ebenso selbstverständlich Spielvorlagen bieten können wie das Repertoire der Yoruba-Gottheiten und -Geschichten. Sein entschiedener Synkretismus folgt niemals einer Einbahnstraße von Europa nach Afrika, sondern wirkt zurück; seine Version von Shakespeares „Sommernachtstraum“ von 1960 beispielsweise ist in Botho Strauß’ Shakespeare-Paraphrase „Der Park“ eingegangen - ein kulturelles Cross-over, das herkömmliche Welt- und Wortmuster durchkreuzt.
Wole Soyinka, der große Dramatiker, Lyriker, Erzähler und Essayist, der erste afrikanische Literaturnobelpreisträger, der unermüdliche Menschenrechtsaktivist und politische Kampagnenführer, hat sein bewegtes Leben auf drei Kontinenten - Afrika, Europa und Amerika - stets auf diese Art gestaltet: im Kreuzungspunkt der Weltkulturen. Am kommenden Sonntag feiert er seinen achtzigsten Geburtstag.