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Uploadfilter im Netz : Zweierlei Maß

Sie weiß, wie man Druck macht: Youtube-Chefin Susan Wojcicki Bild: Reuters

Youtube setzt Uploadfilter ein, um Inhalte zu löschen, die gegen Community-Regeln verstoßen. 11,4 Millionen Videos wurden letztes Quartal entfernt. Doch geht es um das Urheberrecht, läuft der Plattformkonzern gegen Filter Sturm.

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          Erinnern wir uns: Das Internet werde sich „drastisch verändern“, warnte die Youtube-Chefin Susan Wojcicki im Herbst vor zwei Jahren, wenn die EU die Novelle zum Urheberrecht beschließe. Sie forderte die Youtuber zum Aufstand gegen die Pläne des Europäischen Parlaments auf, die im Sommer des vergangenen Jahres dann doch beschlossen wurden.

          Wojcicki warnte vor allem vor „Uploadfiltern“. Würden diese eingebaut, bedeute dies mehr oder weniger das Ende des freien Internets. Seither ist der „Uploadfilter“ zum Kampfbegriff der hiesigen Urheberrechtsdebatte geworden.

          Unter dem Druck der Netzkonzerne und der mit ihnen verbundenen Lobby beteuerte die Bundesregierung, sie wolle den Einsatz solcher Filter möglichst ausschließen. An der Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie doktert das Bundesjustizministerium in einer Weise herum, die das Geschäftsmodell von Google, Youtube oder Facebook kaum stören dürfte. Sie können weitermachen wie bisher.

          In der Debatte haben die Konzerne nicht nur erfolgreich davon abgelenkt, dass es nicht um das Filtern von Inhalten geht, sondern um die Vergütung von Urhebern, die man vertraglich leicht über Verwertungsgesellschaften regeln kann. Die Konzerne wollen nichts zahlen. Sie bleiben bei dieser Haltung, auch wenn sie, wie in Frankreich oder Australien, gesetzlich zu einer Abgabe für das Anzeigen von Presseartikeln verpflichtet sind. Sie stellen sich über das Gesetz.

          Es zeigt sich aber auch, dass Uploadfilter offenbar nur zum Fürchten sind, wenn es um das Urheberrecht geht. Mit anderer Stoßrichtung, wenn es um die Durchsetzung der Community-Regeln, den Schutz von Kindern und die Abwehr von gewaltverherrlichenden und extremistischen Inhalten geht, werden Filter in großem Maßstab eingesetzt. Das zeigt die beeindruckende Löschstatistik von Youtube: im vergangenen Quartal wurden 11,4 Millionen Videos gelöscht. Milliarden von Kommentaren, Millionen von Videos verschwinden, weil der Algorithmus beziehungsweise Uploadfilter dafür sorgt. Das nennt man zweierlei Maß.

          Michael Hanfeld
          verantwortlicher Redakteur für Feuilleton Online und „Medien“.

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