Hipster im Klassenkampf
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Obdachloser in der Innenstadt von Frankfurt am Main Bild: dpa
Der Klassismus will die vernachlässigte soziale Frage in die politische Debatte zurückholen. Doch kennt er überhaupt die Personen und Gruppen, für die er Partei ergreift?
Im Frankfurter Nordend, einem Hotspot urbanen Lebensgefühls, ereignete sich im vergangenen Sommer folgende Episode: Drei Männer aus dem gehobenen Businessmilieu unterhalten sich in einem Straßencafé, kurz streift man die Migrationspolitik, die man einhellig lobt, dann entwickelt sich ein angeregtes Gespräch über die „unterentwickelten“ Cocktailmixer hierzulande, die so viel schlechter seien als ihre amerikanischen Kollegen. Einer toppt das mit der Bemerkung, er habe in den Vereinigten Staaten einmal eine Bloody Mary, die unter seinem Niveau war, zurückgehen lassen. Allgemeine Bewunderung. So reorganisiert sich soziale Verachtung in der pluralistischen Gesellschaft.
Wir sind beim Klassismus, dem In-Thema der akademischen Linken, das Kunststudenten, Sozialwissenschaftler und neuerdings auch Sozialdemokraten umtreibt, als würde ihr historischer Existenzgrund, die Klasse, gerade erst entdeckt. Der Klassismus, in den siebziger Jahren in den Vereinigten Staaten entstanden, mit der Finanzkrise nach Europa exportiert und seit zwei, drei Jahren breit diskutiert, fordert Respekt für alle Menschen, die wegen ihres sozialen Status ausgeschlossen, erniedrigt, verachtet werden.
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