Wellenreiter : Spiel mit dem Feuer
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WELLENREITER - durch die Informationsflut mit FAZ.NET Bild: FAZ.NET
Wir haben die Wahl in diesem Jahr: „Fahrenheit 9-11“ oder „Fahrenheit 451“ - wird eine Film-Geschichte heißer als die andere sein? Der Streit darüber ist jedenfalls bereits hitzig.
Bei 232,8 Grad wird es ernst. Dann beginnt Papier zu brennen. Science-fiction-Autor Ray Bradbury hat diesen Umstand in einem seiner bekanntesten Romane thematisiert: „Fahrenheit 451“, genau: umgerechnet 232,8 Grad Celsius. Wie heiß aber ist „Fahrenheit 9-11“?
Sicherlich heiß genug, um Celluloid schmelzen zu lassen: umgerechnet etwas mehr als 488 Grad Celsius. „Fahrenheit 9-11“ ist der Titel des kommenden Streifens des „stupid white man“ mit der Baseball-Kappe, Michael Moore, und spielt natürlich auf den Anschlag auf die New Yorker Twin Towers an, der die Vereinigten Staaten dazu trieb, einen Flächenbrand mit zwei Kriegen auszulösen. Moore will damit im Wahljahr natürlich seinem ewigen Lieblingsfeind Präsident Bush die Hölle heiß machen und dessen Wiederwahl verhindern. Dieses rechtzeitig vor der entscheidenden Wahlkampfphase in den voraussichtlich nicht mehr ganz so heißen Tagen des Spätsommers.
Hommage abgelehnt
Sollte Moore den Titel zu Ehren Bradburys gewählt haben, dann ging der Schuß aber nach hinten los. „Wenn sein Film als Hommage an mich gedacht ist, dann kann er ihn ja 'Bradbury, wo zum Teufel sind sie, jetzt, da wir sie brauchen' nennen“, ist der Schriftsteller quasi auf Fahrenheit 1000 - nachzulesen auf der Internet-Kino-Seite movies.com. Der Grund für Bradburys geradezu moore'sche Hitzigkeit: Im Oktober vor genau 50 Jahren erschien seine legendäre Geschichte um den Feuerwehrmann Montag, dessen Aufgabe es aber nicht ist, Brände zu löschen, sondern Bücher in Flammen zu setzen. Nach Francois Truffauts Adaption in den sechziger Jahren soll daher eine weitere Verfilmung von „Fahrenheit 451“ in diesem Jahr in die Kinos kommen. Bradbury sieht nicht ein, daß das Publikum die beiden Filme miteinander verwechselt: „Er kann meinen Titel nicht haben.“
Da war Moore in der Hitze der Schlacht wohl wieder einmal etwas voreilig. Nicht wenige empfehlen dem Agitator, Autor und Filmemacher ja längst, den Bogen nicht zu überspannen, seine Aktivitäten mit mehr Bedacht zu planen und sein Tun ein wenig zu hinterfragen. Bradburys Feuerwehrmann Montag, seiner Sache anfangs unerschütterlich sicher, kommt schließlich an diesen Punkt.