Wenn man nicht um ein Haus kämpft, kommt die Abrissbirne
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Die Schriftstellerin Ursula Krechel, Ehrenpräsidentin des PEN-Zentrums Deutschland seit 2020 Bild: Gunter Glücklich
Der Streit im PEN geht weiter: Büchner-Preisträger F.C. Delius hat seinen Austritt bekannt gegeben. Jetzt reagiert die Ehrenpräsidentin Ursula Krechel und schreibt: Kapitulation ist keine Antwort. Ein Gastbeitrag.
Es bröckelt in einem ehemals ehrwürdigen Haus, das nun an einer Datenautobahn liegt und sich die Ohren zuhält. Neben der Haustür ist eine schöne Plakette mit den Namen der bedeutenden Dichterinnen, Essayisten, Romanschreiber, die einmal hier gewohnt haben, angebracht. Und — das darf man ja wohl noch sagen — rundherum liegen Penner. In der Straße wohnen auch dumpfe, selbstgewisse Schreihälse, immer mehr Leute, die sich nicht benehmen können. Das Dach ist nicht mehr dicht. Auch Spinnenfäden, in denen sich die Worte leicht verfangen können, finden sich in den Fensterlaibungen.
Wenn man in die Mülltonnen schaut: Doch, doch, der Müll wird ordentlich getrennt. Und es ist viel Zeugs, das niemand braucht und niemand erben will, vor allem Altpapier, auch Romane. Das sind doch unsere früheren Frühstückstassen, Jonglierteller, Streitschriften um des Kaisers Bart, die wirft man nicht weg. Wenn man sich das wacklige Treppengeländer entlangtastet, tritt aus der Tür im ersten Stock ein lächerliches dickes Männchen, schwenkt eine weiße Fahne (Tempotaschentuch?) und sagt: Ich muss jetzt erst einmal ein Bier trinken. Er klopft mit dem Flaschenöffner an die Tür, der fällt ihm herunter, das Männchen ächzt, kann sich schlecht bücken.
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