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Johansson verklagt Disney : Die Rächerin

  • -Aktualisiert am

Mit ihr ist nicht zu spaßen: Scarlett Johansson als „Black Widow“ Bild: AP

Scarlett Johansson hat den Disneykonzern verklagt. Worum geht es der „Black-Widow“-Superheldin? Um Geld, das der Konzern im Kino nicht verdienen will.

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          Die nach Durchschnittseinkommensmaßstäben steinreiche Hollywoodschauspielerin Scarlett Johansson hat den Disney-Konzern verklagt. Sie will nicht etwa Geld aus Einnahmen, welche diese Firma mit dem Film „Black Widow“ eingestrichen hat, in dem Johansson die Titelsuperheldin spielt. Es ist kurioser: Johansson verlangt ihren Anteil an einer Summe, die der Konzern freiwillig nicht kassiert, indem er die verkaufte Kinokartenmenge durch einen direkten, also zeitlich viel zu nah am Verleihstart liegenden Beginn der Streaming-Auswertung mutwillig reduziert.

          Disney ist die mittel- bis langfristige Kontrolle über Verwertungskanäle des von ihm produzierten „Content“-Angebots offenbar wichtiger als die kurzfristige Ticketbilanz. Es ist ein bisschen wie bei der Kommunistischen Partei Chinas, wenn sie die Börsennotierung chinesischer Firmen wie Alibaba unter Druck setzt, weil ihr die Macht übers chinesische Wirtschaftsgeschehen sozialistischerweise mehr bedeutet als die bare Münze. Bei China schimpft der Kapitalist drüber, bei Disney nicht.

          In den Comics, aus denen sie stammt, kommt Black Widow, um deren Nettowert es im Streit zwischen Johansson und Disney geht, nicht aus der Volksrepublik China, sondern aus der Sowjetunion. Aber die Machtfrage (soll ich tun, wozu ich ausgesandt bin, oder widersetze ich mich den Plänen von oben?) stellt sie, genau wie jetzt ihre Darstellerin, nicht anders als ein unbotmäßiger chinesischer Milliardär – mit besserer Präzedenz allerdings.

          Respekt vor den Kreativen

          Im Filmgeschäft mag sich jetzt wiederholen, was ein Spitzenverdiener im Comicbusiness vor Jahrzehnten erreichte, die Erzwingung von Respekt vor übervorteilten Kreativen. Keine Schauspielerin, sondern ein Comiczeichner namens Neal Adams, damals Superstar der Branche, setzte mittels öffentlicher Beschämung der Firma Marvel sowie der Konkurrenz von Warner, Eignerin des Comicverlags DC, die wenigstens symbolisch partielle Korrektur der schäbigen Behandlung durch, die diese Unternehmen den Erfindern von Figuren wie Captain America und Superman, also jahrzehntelang unterbezahlten und betrogenen Menschen namens Jack Kirby, Jerry Siegel und Joe Shuster, zugemutet hatten.

          Das heroische Team, in dem Black Widow erstmals auf der Leinwand erschien, heißt „Avengers“; eine ältere deutsche Übersetzung des Quellenmaterials nennt sie „die ruhmreichen Rächer“. Vielleicht sollten die Geschäftsleute der Kulturindustrie die Texte aufmerksamer lesen, deren Ausbeutung ihr Kapital bildet.

          Dietmar Dath
          Redakteur im Feuilleton.

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