Nutzt Boris Johnson seine Schusseligkeit als Selbstschutz?
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Geschult an der Gestik der Antike: Boris Johnson am 19. Januar 2022 im Londoner Parlament. Bild: REUTERS
Psychopathologie des Herrschens: Seine shakespearehaften Ränke könnten Boris Johnson auch in der aktuellen Krise Kopf und Amt retten.
Es entspricht dem Wesen des Mannes, der als Kind erklärte, „Weltkönig“ sein zu wollen, dass Boris Johnson seinen biographischen Ehrgeiz an zwei Titanen des Pantheons britischer Nationalhelden zu verwirklichen suchte: Churchill und Shakespeare. Aus jeder Zeile von Johnsons Bestseller „Der Churchill-Faktor“ spricht die ebenso dreiste wie selbstoffenbarende Identifikation des Autors mit seinem Sujet. Besonders auffallend ist dies, wenn Johnson sich über Churchills Redekunst auslässt und dessen Fähigkeit, die „englische Mentalität“ und „Freiheit“ zu einer begrifflichen Einheit zu verschmelzen durch den Wechsel von hochtrabenden Worten und kurzen umgangssprachlichen Wendungen.
Nicht nur, dass man zu spüren meint, wie er sich an den rhetorischen Stilmitteln seines großen Vorbildes schult. Wenn Johnson beschreibt, wie der Kriegspremier den Menschen Auftrieb gegeben habe mit einer „Mischung aus Perikles und Abraham Lincoln, mit einem kleinen aber unbestreitbaren Schuss Les Dawson“, dem fülligen, für seinen trockenen Humor beliebten Komiker aus der nordenglischen Arbeiterschicht, ist es, als habe er sich selber im Sinn, zumal er sein Publikum gern umgarnt, indem er es zum Lachen bringt. Auch beim Untertitel von „Der Churchill-Faktor. Wie ein Mann Geschichte machte“, drängt sich die Suggestion auf, er sei gleichermaßen auf den Biographen gemünzt.
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