https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/unterstuetzer-wollen-nemi-el-hassan-als-moderatorin-fuer-quarks-17547956.html

Aufruf zu Nemi El-Hassan : Das ist keine Cancel Culture

Sie selbst würde sich als Moderatorin einstellen: Nemi El-Hassan Bild: WDR/Tilman Schenk

Mehr als vierhundert Unterstützer aus Medien und Kultur fordern den WDR auf, Nemi El-Hassan als Moderatorin für die Sendung „Quarks“ zu engagieren. Sie wittern „rechte Hetze“. Das ist zu einfach.

          1 Min.

          Der WDR hat noch nicht entschieden, wie es für die Journalistin Nemi El-Hassan weitergeht. Sie sollte Moderatorin der Wissenschaftssendung „Quarks“ werden, doch wird darüber noch beraten. Denn es ist bekannt geworden, dass sie 2014 bei der judenfeindlichen Al-Quds-Demonstration in Berlin, auf der es zu Hassausbrüchen und Ausschreitungen kam, mitlief. Und dass sie die dem iranischen Regime unterstehende „Blaue Moschee“ in Hamburg besuchte und Slam-Poetry-Verse vortrug, die man als antisemitisch auffassen kann.

          Von Gewalt, Hass und Antisemitismus hat sich Nemi El-Hassan in einer persönlichen Erklärung abgesetzt und mitgeteilt, dass ihre Teilnahme an der Demonstration ein Fehler gewesen sei. Sie hat sich von ihren früheren Einlassungen distanziert.

          Folgt man dem Aufruf von mehr als vierhundert Unterstützern, sollte es damit sein Bewenden haben und der WDR Nemi El-Hassan engagieren. Also handeln wie das ZDF, das Nemi El-Hassan beim Internetangebot „funk“ betreute und auf unsere Frage nach den Umständen mitteilte, man habe von der Teilnahme an der Al-Quds-Demo nichts gewusst, aber Nemi El-Hassan als „kritische Journalistin, die sich in ihrer Arbeit immer wieder mit Extremismus, Rassismus und Antisemitismus auseinandergesetzt hat“, kennengelernt. Es gebe „keinen Grund, an ihrer journalistischen Professionalität zu zweifeln“.

          Das ZDF macht es sich also einfach. So einfach, wie der WDR die Sache nicht angehen kann. Zu einfach wiederum machen es sich auch die zum Teil prominenten Unterstützer der Moderatorin – darunter Carolin Emcke, Igor Levit, Aleida und Jan Assmann und Jakob Augstein –, die den Sender in einem offenen Brief auffordern, Nemi El-Hassan einzustellen. Sie verweisen auf ihre Entschuldigung und zeigen sich „entsetzt über die diffamierende und denunziatorische Art, in der diese Diskussion geführt wird“. Es handele sich um „eine Debatte, die jegliches Maß und Mitte verloren hat“. Nemi El-Hassan werde „aufgrund ihrer palästinensischen Herkunft und ihrer muslimischen Identität zur Zielscheibe von Hass und Hetze“.

          Das mag mit Blick auf Reaktionen im Netz so sein. In der Sache aber geht es nicht, wie die Unterstützerin Saba-Nur Cheema meint, um „Cancel Culture von muslimischen Frauen“, sondern darum, wie jemand denkt und handelt und ob das zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk passt. Das zu beurteilen ist für den WDR schwer genug.

          Michael Hanfeld
          verantwortlicher Redakteur für Feuilleton Online und „Medien“.

          Weitere Themen

          Das Leben mit allen Sinnen genießen

          Altmeisterauktionen in Zürich : Das Leben mit allen Sinnen genießen

          Himmlische Andacht, irdisches Vergnügen: Das Auktionshaus Koller in Zürich schmückt seine nächsten Versteigerungen mit einem Altar aus der Cranach-Werkstatt und einer Tafelrunde aus den Niederlanden des Goldenen Zeitalters.

          Topmeldungen

          Mitglieder von Verdi und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG während einer Demonstration in Leipzig.

          Lohnkonflikte : Verdi sucht Lösung, die EVG eher nicht

          Weil zwei Gewerkschaften auf einmal streiken, standen am Montag sowohl Nah- als auch Fernverkehr still. Bis Mittwoch könnte zumindest ein teilweiser Kompromiss gefunden werden.
          Israels Premierminister Benjamin Netanyahu nimmt an einer Abstimmung im israelischen Parlament teil.

          Nach heftigem Protest : Netanjahu setzt Justizreform vorerst aus

          Israels Ministerpräsident Netanjahu begründete die Aussetzung der Justizreform damit, dass er einen „Bürgerkrieg“ vermeiden wolle. Das Gesetzesvorhaben wird nun frühestens Ende April im Parlament zur Abstimmung vorgelegt.

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.