
Tierrechte gegen Schaulust : Dem Zoo geht es an den Kragen
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Aber das waren eben nur Worte, wenn auch noch so schneidende. Mit der schöngeistigen Schonzeit für den deutschen Zoo scheint es im Jahre 2014 vorbei zu sein. Die literarischen Wollschlägers haben das Revier an die beinharten Tierrechtler abgetreten, juristisch hochgerüstete, kampagnenerfahrene, international vernetzte Leute, die die Mittel und den langen Atem haben, den deutschen Zoo in die Knie zu zwingen. Immer mehr zeichnet sich dabei ab, dass der von dem Philosophen Peter Singer ins Zentrum des Great Ape Projects gestellte Speziesismus-Vorwurf (also der Vorwurf, chauvinistisch die eigene Spezies zu privilegieren), auch das Zentrum der neuen Zookritik bilden soll.
Mit den unveräußerlichen Menschenrechten, die man nun für Schimpansen, Gorillas und Orang-Utans verlangt – persönliche Freiheit, physische und psychische Unversehrtheit und so weiter –, glaubt man laut Colin Goldner einen „Türöffner“ in der Hand zu haben, um nach und nach auch alle anderen Tiere aus der Gefangenschaft der „Kulturschande Zoo“ zu befreien. Die Debatte ruft inzwischen auch sogenannte Tiertheologen auf den Plan, von denen sich ein Vertreter in Münster mit einer robusten Exegese der Mitgeschöpflichkeit hervorwagte.
Von Menschenaffen bis zu streunenden Katzen
Doch hat der inklusive Anspruch, welcher hinter dem Speziesismus-Vorwurf steht, etwas tendenziell Uferloses. Auf seiner Linie lässt sich das Gleichbehandlungsgebot beliebig ausweiten. Speziesismuskritisch verallgemeinerte Menschenrechte wären, schrieb unlängst Andreas Sentker in der „Zeit“, in der Tat „im Fortgang der Debatte kaum auf Primaten zu beschränken. Im Extremfall würde das bedeuten, Ratten und Mäuse die Speisekammer zu überlassen und bei der Entwicklung neuer Medikamente Menschen zu opfern, nicht Tiere. Die einzige zu rechtfertigende Tötung eines Tieres wäre am Ende das Erschlagen einer Giftschlange in Notwehr.“ Apropos „respice finem“: Mit welchem Recht würde die Zuschreibung von Menschenrechten, wird die menschliche Spezies erst einmal transzendiert, am Ende nicht auch für die unbelebte Natur gelten können, ja müssen?
Dennoch, trotz solcher offenkundiger argumentativer Schwächen im Herzen des Great Ape Projects war es beileibe keine gute Idee von Theo Pagel, dem Kölner Zoodirektor und Verbandschef, die anschwellende Zookritik mit der Bemerkung aushebeln zu wollen, man solle sich, sinngemäß, doch lieber um die zwei Millionen streunenden Katzen in Deutschland kümmern, statt auf eine Handvoll gefangener Delphine zu starren. Pagel ging mit dieser brutalstmöglichen Einebnung aller hier nur irgendwie relevanter Unterschiede explizit auf die Schlacht ein, die sich bei dem kürzlich novellierten und unlängst vorgestellten Säugetiergutachten die Vertreter der Zooverbände mit den Abgesandten der Tier- und Naturschutzverbände lieferten.