Google Book Settlement : Es wird Zeit, dass die Bundesregierung eingreift
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Bild: Bernd Helfert
Das Google Book Settlement ist ein Angriff auf unser Verständnis von Urheberrecht - und völkerrechtlich höchst problematisch. Noch gibt es die Chance, das Abkommen zu stoppen. Dabei ist auch die Politik gefragt.
Die Zahlen sprechen für sich: Mehr als zweiundzwanzig Millionen Euro wird Google an die „Klägeranwälte“ zahlen, die im Namen der Autoren aufgetreten sind. Vierundddreißig Millionen Euro soll der Fonds erhalten, der die Tantiemen an die Autoren auszahlt, sechsundzwanzig Millionen Euro gehen an das Unternehmen, das die Auszahlungen organisieren soll. Damit nicht genug: Die Summe, die an die Anwälte gezahlt wird, die für die Verlage aufgetreten sind, soll geheim bleiben. Das Honorar, das Googles Anwälte bekommen, wird ebenfalls nicht bekanntwerden. Auch für die betroffenen Autoren sind Zahlungen vorgesehen: 60 Dollar (derzeit 45 Euro) pro Kopf und Werk, egal, wie oft das Buch gelesen wird, wie gut es sich bisher verkauft hat.
Im Gegenzug überträgt der Autor Google das Recht zur weltweiten digitalen Vorhaltung des Buches - es ist derzeit noch nicht absehbar, welche Preise der künftige Monopolist mittelfristig für die Vorhaltung der Bücher im Internet verlangen (und einnehmen) wird. Immerhin soll der Fonds dreiundsechzig Prozent der künftigen Einnahmen erhalten, die Google durch die digitale Vermarktung der Bücher erhält. Nach Abzug der Verwaltungskosten werden die restlichen Tantiemen an die Autoren ausgeschüttet.
Kein großer Betrag
Aber auch aus amerikanischer Perspektive ist der Vergleichsentwurf ungewöhnlich, der dem Richter des Bundesgerichts im Southern District New York zur Genehmigung vorgelegt wurde. „Coupon-settlements“ nennen die Amerikaner Vergleiche, die selbsternannte Klägeranwälte mit interessierten Unternehmen aushandeln, um zwei Ziele zu erreichen: ein üppiges Honorar für die Juristen und ein attraktives wirtschaftliches Ergebnis für das Unternehmen. Beim Google Book Settlement liegt der Verdacht nahe, dass es sich um ein derartiges Abkommen handelt: Der Suchmaschinen-Konzern erhält durch die Übertragung der Autorenrechte an den digitalisierten Büchern eine marktbeherrschende Stellung für deren weltweite Vermarktung im Internet.
Profitieren wird auch das Unternehmen Rust Consulting, Inc., das die Gelder verwalten wird - es handelt sich um einen der größten Anbieter von „claim facilities“ in den Vereinigten Staaten, das heißt von Unternehmen, die sich auf die Verwaltung von Fonds spezialisiert haben, die durch Vergleiche aus Sammelklagen errichtet werden. Dass diese Firmen eng mit den Klägeranwälten zusammenarbeiten, ist ein offenes Geheimnis. Schließlich überrascht auch die Höhe der Vergleichssumme. Man muss sich vor Augen halten, dass die in New York erhobene Klage das systematische Einscannen von mehr als sieben Millionen Büchern ohne Zustimmung der Autoren zum Gegenstand hat. Nach amerikanischem Recht wäre nicht nur kompensatorischer Schaden-, sondern Strafschadenersatz („punitive damages“) zu zahlen. So gesehen, sind vierunddreißig Millionen Euro kein großer Betrag. Im vergleichbaren Fall Napster wurden immerhin dreihundert Millionen Euro gezahlt.
Das New Yorker Gericht ermöglicht den Rechtsexport