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Tanzbarer Wahlerfolg : Marine baila

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Marine Le Pen feiert den Wahltriumph ihrer rechtsextremen Partei mit Superlächeln und Tanzeinlage. Der frühere Sommerhit „Marcia baila“ ist ein schönes Lied, doch es passt nicht zur Tänzerin. Oder etwa doch?

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          Am späten Sonntagabend zeigte das französische Fernsehen France2 eine kurze Szene von der Siegesfeier der rechtsextremen „Front National“. Man sah, wie die Spitzenkandidatin Marine Le Pen ihre blonden Haare zu „Marcia baila“ von Les Rita Mitsouko bewegte, dem Sommerhit des Jahres 1985. Sie deutete einige Tanzschritte an und hatte ihr Superlachen angeknipst. Sie lacht ja wie ihr Vater, doch im Unterschied zu dem alten Finsterling wirkt es bei ihr sympathisch und ansteckend.

          Dann verließ sie den Tanzboden, tauchte zwischen trikoloren Fahnen ab und wirkte höchst zufrieden, gerade auch mit ihrem Tanz. Wenn man sie nicht gehört und gelesen hätte, wenn man nur den Bildern vertrauen würde, dann konnte man das für ein schönes Fest halten. Gerade auch wegen der guten Musik. Es ist ein schönes Lied, selbst wenn man es lange nicht gehört hat. Im ersten Moment wirkt das falsch: Gute Musik sollte guten Menschen vorbehalten bleiben, Marine Le Pen aber hat einen Wahlkampf voller Hass geführt: auf Ausländer, vor allem solche, die in Wahrheit Inländer sind, die also einen französischen Pass besitzen, aber nicht zu dem Land gehören sollen, das sie möchte.

          Und auf die Ausländer im Ausland sowieso: die Europäer, die sich einmischen, die Afrikaner, die alles wegnehmen wollen, die Amerikaner, die sich aufspielen und so weiter. Möglichst viele Probleme möglichst vielen anderen in die Schuhe schieben und dann deren Abschaffung fordern, das ist ihre Methode. Sie ist die Trikolore und das „Glück, Franzose zu sein“, die anderen sind Verräter. Marine tanzt also zu „Marcia baila“, aber eine Lektüre des Liedtextes ergibt, weshalb diese Szene so stark war, warum es passt: Das Lied erzählt genau von dem Schauder, den man verspürt, wenn der Tanz nicht zur Tänzerin passt.

          Denn Marcia bewegt sich zwar wie ein Grashüpfer, aber, so fragt das Lied: „Was ist diese Kälte, die ich in dir spüre?“ Etwas stimmt also nicht mit dieser Marcia. Später war im Fernsehen Bernard Tapie zu hören, der alte Haudegen, der wenig genug, aber immerhin mal geschafft hat, die Le-Pen-Partei unter zehn Prozent zu halten. „Man darf deren Wähler nicht schonen. Man muss laut und deutlich sagen, dass es ein moralischer Makel ist, diese Partei zu wählen!“ Das Lied handelt von einer tödlichen Krebserkrankung. Marcia ist der tanzende Tod.

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