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Pro Sieben Sat.1 : Mit Berlusconi ist zu rechnen

Gut gelaunt: Italiens früherer Ministerpräsident Silvio Berlusconi Bild: Reuters

Silvio Berlusconi will mit seiner Holding „Media For Europe“ die Sendergruppe Pro Sieben Sat.1 übernehmen. Bei Österreichs Wettbewerbebehörde hat er das angemeldet. Wieso dort? Ist der Medienmogul schon am Ziel?

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          Am Wochenende war die Übernahme von Pro Sieben Sat.1 beinahe schon beschlossene Sache. Da sickerte durch, dass die Holding des ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, die Media For Europe (MFE), den „Erwerb von faktischer alleiniger Kontrolle“ von Deutschlands größter Privatfernsehsenderkette angemeldet hatte. Und zwar bei der österreichischen Wettbewerbsbehörde BWB, mit Datum vom 13. Dezember, was die kryptische Meldung nicht verständlicher machte.

          Nun besitzt Pro Sieben Sat.1 zwar in Österreich die Sender Puls und ATV, aber bekanntlich hat der italienische Großaktionär Interesse am gesamten Münchner Medienkonzern, mit dessen deutschsprachigen Kanälen er nur zu gern einen paneuropäischen Fernsehanbieter schmieden will. Zug um Zug hat Berlusconis MFE deshalb die Beteiligung an Pro Sieben Sat.1 auf fast 30 Prozent aufgestockt und damit Spekulationen auf eine baldige Mehrheitsübernahme angeheizt.

          So einfach ist die Übernahme nicht

          Zudem führt im Münchner Vorort Unterföhring inzwischen der Holländer Bert Habets Regie, von dem nicht bekannt ist, dass er die italienische Idee so kategorisch ablehnt wie sein Vorgänger Rainer Beaujean, der im Oktober vorzeitig gehen musste.

          Doch die Übernahme ist gewiss nicht so einfach, als dass sie sich über die Anmeldung bei einer Behörde in Österreich einfädeln ließe. Tatsächlich musste MFE nach österreichischem Recht diese Meldung vorlegen, da der Großaktionär mit seiner Beteiligung an Pro Sieben Sat.1 schon heute eine Mehrheit der Stimmrechte in den Aktionärsversammlungen kontrollieren kann. Von der Idee, auf den höchst unterschiedlichen Fernsehmärkten in Europa wirtschaftliche Synergien heben zu können, müssen die Aktionäre erst noch überzeugt werden. Einen finanzkräftigen Partner, der die Milliardenübernahme absichert, hat MFE auch noch nicht gefunden.

          Und dass ausgerechnet Berlusconi als einflussreicher Mehrheitseigner von Pro Sieben Sat.1 die gesellschaftlich gewünschte Staatsferne des Programms garantieren könnte, daran haben nicht nur heimische Politiker große Zweifel. „Bereits die Übernahme von Twitter durch einen egomanischen Milliardär zeigt die zersetzende Kraft für das Mediensystem und nicht zuletzt den Schaden für das Unternehmen selbst, das seine Attraktivität als Werbeplattform massiv eingebüßt hat“, warnt vorsorglich die Gewerkschaft Verdi. Der Deutsche Journalisten-Verband wiederum fordert die Medienaufsichtsbehörden in Deutschland und Österreich auf, die Übernahme zu verhindern.

          „Kleinbus mit Prostituierten“

          All das kann Berlusconi gleichgültig sein. Der 86 Jahre alte Millionär, der im italienischen Wahlkampf mit seiner Freundschaft zu Putin prahlte und vorige Woche seinen Fußballern vom AC Monza für Siege über Milan und Juve „einen Kleinbus mit Prostituierten“ versprach, schert sich um die Öffentlichkeit wenig. Er muss noch nicht einmal ein für alle Aktionäre lukratives Kaufangebot vorlegen, um seinen Einfluss auf den deutschen Konkurrenten zu erhöhen. Pro Sieben Sat.1 erwirtschaftet höhere Margen als der eigene Laden, so dass sich das Investment schon jetzt für ihn lohnt. In die europäische Medienlandschaft dürfte ohnedies Bewegung kommen, weil auch andere Medienhäuser wie RTL oder Axel Springer längst erkannt haben, dass man den mächtigen amerikanischen Konkurrenten Netflix, Amazon & Co. allmählich mal etwas entgegensetzen sollte. Für Berlusconis MFE kann das nur gut sein.

          Henning Peitsmeier
          Wirtschaftskorrespondent in München.

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