Schuldenkrise : Gute Bank, böse Bank
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Die Frankfurter Skyline Bild: Eilmes, Wolfgang
Warum kapitulieren die Staaten vor der Macht der Banken? Es gibt Beispiele genug in der Geschichte für eine Politik, bei der die Banken produktive Aufgaben hatten.
Wenn es in der Schuldenkrise einen Silberstreif am Horizont gibt, dann ist es die Erkenntnis, dass es so mit den Banken nicht weitergehen kann. Uns bleibt gar nichts anderes übrig, als das System neu zu strukturieren. Die entscheidende Frage ist, wer im Wirtschaftsleben das letzte Wort hat - der Staat oder der Finanzsektor. Vor einem Jahrhundert wusste man noch, wie ein produktiver Bankensektor aussehen sollte. Doch davon haben wir uns weit entfernt.
Früher liehen Banken ihnen anvertraute Einlagen weiter, wobei sie für kurzfristige Guthaben weniger Zinsen zahlten, als sie für weniger liquide Darlehen berechneten. Das Risiko trugen allein die Banken. Heute werden Kredite für spekulative Tradinggeschäfte verwendet. Finanzkrisen verschärfen sich und betreffen mehr Menschen, da der Schuldenberg weiter wächst.
Um sich der Kontrolle des Staates zu entziehen, haben die Banken diesem vorgeworfen, den freien Markt zu verzerren. Sie wollen die Planung in die eigenen Hände nehmen. Das Problem ist, dass sie in kurzen, selbstzerstörerischen Zeiträumen denken und gern auf rücksichtslose Aktivitäten setzen, so dass Länder am Ende hoch verschuldet sind. Mit der Drohung, die Wirtschaft werde zusammenbrechen, wenn ihnen gesetzliche Beschränkungen auferlegt werden, nehmen die Banken den Staat in Haftung. Ohne noch mehr Rettungsschirme, Zentralbankkredite und staatliche Kreditgarantien werde die Wirtschaft Schaden nehmen. Muss der Staat vor der Macht der Banken kapitulieren?
Finanzierung von Produktionsmitteln
Früher wurden schlechte Schulden letztlich abgeschrieben. Das bedeutete Verluste für Banken und Anleger. Heute wird die Schuldenlast aufrechterhalten, das Finanzsystem bleibt unangetastet. Die Rettungsmaßnahmen, heißt es, sollen die Banken in die Lage versetzen, so viele Kredite zu geben, dass sich die Wirtschaft wieder erholt und das Land seine Schulden bezahlen kann.
Die verschuldeten Staaten, so wird behauptet, könnten durch Kreditaufnahme zu Wachstum zurückkehren. Es ist aber rechnerisch unmöglich, bestehende Schulden ohne Sparmaßnahmen zu tragen, ohne Schuldendeflation und Depression. Seit dem Finanzcrash von 2008 sind Staaten die wichtigsten Anteilseigner der in Schwierigkeiten geratenen Banken. Anstatt die Gelegenheit zu ergreifen, diese Banken als öffentliche Dienstleister zu führen und die Kreditkartengebühren zu senken - oder die Kreditvergabe an Hasardeure zu beenden -, können diese Banken weiter Kasinokapitalismus praktizieren. Wir stehen also wieder vor der Frage, welche Rolle den Banken zukommt. Über dieses Problem wurde vor dem Ersten Weltkrieg ausführlich diskutiert - es ist heute dringlicher denn je.
England war der Ausgangspunkt der industriellen Revolution, aber es gab kaum langfristige Kredite für Finanzinvestitionen in Fabriken und andere Produktionsmittel. Britische und niederländische Handelsbanken liehen kurzfristig Geld auf Immobilien oder Lieferverträge, und die Geschäfte gingen so gut, dass man an der Praxis festhielt. In Frankreich und Deutschland dagegen förderten die Banken die Industrie. Die Saint-Simonisten regten die Schaffung eines industriellen Kreditsystems an, das der Finanzierung von Produktionsmitteln dienen sollte. Sie schlugen die Einrichtung genossenschaftlich organisierter Banken vor. Den Anfang machte der 1852 von den Brüdern Péreire gegründete Crédit Mobilier.